Rz. 256
Aufschiebend bedingte Rechte und Verbindlichkeiten bleiben außer Ansatz. Als aufschiebende Bedingung gilt hier sowohl die rechtsgeschäftliche als auch die echte Rechtsbedingung, vor deren Eintritt es an der Verwirklichung eines zur Entstehung des Rechts/der Verbindlichkeit erforderlichen Tatbestandsmerkmals fehlt. Auf den Grad der Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts kommt es für die Anwendung von § 2313 BGB nicht an.
Dies gilt für jegliche Art von Vermögensgegenständen (beispielsweise noch nicht ausübbare Optionen, Stock-Options) und Schulden gleichermaßen.
Rz. 257
Vor diesem Hintergrund kann als aufschiebend bedingte Verbindlichkeit beispielsweise auch eine durch den Tod des Erblassers ausgelöste Rück-, Weiterleitungs- oder Herausgabeverpflichtung im Hinblick auf ein dem Erblasser zugewendetes Geschenk in Betracht kommen. Denn die Rückforderungsmöglichkeit aufgrund des zu Lebzeiten des Erblassers begründeten Schenkungsvertrages ist im Zeitpunkt des Erbfalls (noch) bedingt. Erst wenn der Schenker das ihm zustehende Recht ausübt, tritt die Bedingung ein.
Anders ist die Rechtslage aber bei Vereinbarung einer auflösenden Bedingung für den Fall des Versterbens des Beschenkten, da hier die Rückgabe- oder Weiterleitungsverpflichtung unmittelbar mit dem Erbfall entsteht und von keiner weiteren Bedingung abhängig ist.
Rz. 258
Das Gleiche gilt auch für ungewisse oder unsichere Rechte. Eine Ungewissheit liegt vor, wenn der Bestand des Rechts oder die Person des Berechtigten zweifelhaft ist. Von einer Unsicherheit ist auszugehen, wenn die tatsächliche oder wirtschaftliche Verwertbarkeit zweifelhaft ist. Hierzu gehören z.B. Steuererstattungsansprüche oder Nachzahlungsverpflichtungen des Erblassers (insbesondere für das Todesjahr), die zu Lebzeiten noch nicht durch Bescheid festgesetzt wurden. Gleiches gilt auch für Ansprüche nach dem Vermögensgesetz, die im Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht festgestellt sind.
Als ungewiss kann sich im Einzelfall auch das Eigentum an (anscheinend zum Nachlass gehörenden) Kunstgegenständen erweisen, wenn deren Herkunft und die Art und Weise des (Eigentums-)Erwerbs unklar sind (Stichwort: "Beutekunst"). Die Frage der Authentizität bestimmter (eindeutig zum Nachlass gehörender) Werke hat mit § 2313 BGB allerdings nichts zu tun; insoweit geht es allein um die Bewertung (§ 2311 BGB) bzw. wertbildende Faktoren.
Rz. 259
Schließlich sind hier beispielhaft auch etwaige Sanierungspflichten für mit Altlasten belastete Grundstücke zu nennen, soweit die Pflicht noch nicht im Verwaltungsverfahren festgestellt wurde. Insoweit normiert § 4 Abs. 3 BBodSchG zwar eine grundsätzliche Sanierungsverpflichtung des Grundstückseigentümers als sog. Zustandsstörer, aufgrund derer es diesem obliegt, den Boden "so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen". Ob eine derartige, eine Sanierungspflicht auslösende Bodenbelastung tatsächlich vorliegt, regelt das Gesetz aber logischerweise nicht. Ob diese vorliegt, ist also zunächst (bis zur Feststellung im Verwaltungsverfahren) ungewiss.
Rz. 260
Anfechtbare sowie schwebend unwirksame Rechte sind grundsätzlich als unsicher anzusehen, ebenso die Forderung gegen einen zahlungsunfähigen Schuldner, insbesondere, wenn er bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat oder eine Vollstreckung gegen ihn bereits fruchtlos verlaufen ist. Etwas anderes gilt aber, wenn es sich um eine Forderung gegen einen am Nachlass beteiligten Miterben selbst handelt, zumindest dann, wenn die Forderung durch dasjenige gedeckt ist, was der Schuldner selbst aus dem Nachlass erhält. Für die Zweifelhaftigkeit ist der Erbe beweispflichtig.
Rz. 261
Als unsicher ist auch ein dem Erblasser zustehendes Nacherbenanwartschaftsrecht anzusehen. Die h.M. begründet dies hinsichtlich eines Nacherbenanwartschaftsrechts an einem fremden Nachlass damit, dass seine tatsächliche und wirtschaftliche Verwertbarkeit trotz Abtretbarkeit zweifelhaft sei. Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn es sich um leicht überschaubare Nachlässe handelt und der Nacherbfall alsbald zu erwarten ist. Haas will die Nacherbschaft hingegen als aufschiebend bedingtes Recht behandelt wissen, weil die Nacherbschaft dem Nacherben nur unter der Bedingung anfällt, dass er den Vorerben überlebt. Am Ergebnis ändern die teilweise unterschiedlichen rechtlichen Einordnungen aber nichts.
Rz. 262
Garantieversprechen, Bürgschaftsverpflichtungen, Verpfändungen oder für fremde Schulden bestellte Grundpfandrechte sind, soweit die Inanspruchnahme noch zweifelhaft ist, ebenfalls als unsicher anzusehen. Sie sind dann nicht anzusetzen. Konsequenterweise können in diesem Zusammenhang eventuell in Frage kommende Ausgleichsansprüche bei den Aktiva ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Eine Ungewissheit besteht aber nicht mehr, wenn der p...