Dr. iur. Patrick Lenz, Dr. iur. Klaus Koch
Rz. 53
Das Zentrale Testamentsregister erfasst nur solche erbfolgerelevanten Urkunden, die öffentlich beurkundet oder in amtliche Verwahrung genommen worden sind, § 78d Abs. 3 BNotO. Registerpflichtig sind alle erbfolgerelevanten notariellen Urkunden, die allein von den Notaren zu melden sind. Ferner müssen Amtsgerichte alle eigenhändigen Testamente und Nottestamente melden, die sie in die besondere amtliche Verwahrung nehmen. Zu registrieren sind auch gerichtliche Vergleiche. Im Interesse eines lückenlosen Auffindens erbrechtlich relevanter Urkunden wird die Bundesnotarkammer über sämtliche Todesfälle informiert, die einem inländischen Standesamt bekannt werden. Sie prüft dann nach § 78e S. 2 BNotO anhand dieser Sterbefallmitteilungen, ob dem Zentralen Testamentsregister verwahrte Urkunden gemeldet wurden. Ist dies der Fall, so werden die verwahrende Stelle und das zuständige Nachlassgericht informiert.
Die Registrierung aller erbfolgerelevanten Urkunden, die notariell beurkundet und/oder in amtliche Verwahrung genommen worden sind (vgl. § 78d BNotO), ist zwingend, weder Erblasser noch Notar oder Gericht können darauf verzichten.
Rz. 54
Erbfolgerelevante Urkunden sind:
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alle Testamente und Erbverträge, unabhängig von ihrem Inhalt, auch dann, wenn die in dem Testament getroffenen Verfügungen keine Erbeinsetzungen enthalten (wie z.B. bei der bloßen Benennung eines Vormunds oder in Fällen der Pflichtteilsentziehung), damit das Nachlassgericht alle Testamente und Erbverträge auf ihre erbrechtliche Relevanz überprüfen kann, § 78d Abs. 2 BNotO (insofern besteht auch eine Ablieferungs- und Eröffnungspflicht, § 34a Abs. 3 BeurkG, §§ 348, 350 FamFG, § 2263 BGB); |
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die Änderung einer Verfügung von Todes wegen unabhängig vom Inhalt (§ 34a Abs. 1 BeurkG); darunter fallen insbesondere auch
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Widerrufstestamente, |
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Aufhebung eines Erbvertrags, |
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Änderung eines Erbvertrags – auch durch Testament, |
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Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments (§§ 2271 Abs. 1, 2296 BGB), |
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Rücktritt von einem Erbvertrag (§§ 2293–2297 BGB); |
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erbrechtliche Rechtswahl gem. Art. 22 EU-ErbVO; |
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Erbverzichtsvertrag (§ 2346 Abs. 1 BGB); |
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Zuwendungsverzichtsvertrag (§ 2352 BGB); |
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Aufhebung eines Verzichtsvertrags (§ 2351 BGB); |
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Anfechtung einer Verfügung von Todes wegen, soweit Beurkundungspflicht besteht (§ 2282 Abs. 3 BGB); |
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Ehe- und Lebenspartnerschaftsverträge, sofern Gütertrennung vereinbart oder aufgehoben wird – wegen ihres Einflusses auf das gesetzliche Erbrecht gem. § 1931 Abs. 4 BGB; |
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Ehe- und Lebenspartnerschaftsverträge, wenn die Zugewinngemeinschaft in Bezug auf die Erhöhung des Erbteils nach § 1371 Abs. 1 BGB modifiziert wird; |
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Ehe- und Lebenspartnerschaftsverträge, mit denen die deutsch-französische Wahl-Zugewinngemeinschaft vereinbart wird, § 1519 BGB; |
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Rechtswahl in Bezug auf die allgemeinen Ehewirkungen gem. Art. 14 Abs. 3, 4 EGBGB, weil diese Einfluss auf das Güterrechtsstatut hat; |
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Rechtswahl in Bezug auf das Güterrechtsstatut gem. Art. 22 Abs. 1 EU-GüVO, weil der Güterstand Einfluss auf das gesetzliche Erbrecht hat gem. §§ 1931 Abs. 3, 4, 1371 Abs. 1 BGB. |
Diese Aufzählung ist nicht abschließend, sondern nur beispielhaft.
Ausschlagungserklärungen, Anfechtung von Ausschlagungserklärungen, Erbteilsübertragungen bzw. Übertragungen des Nacherbenanwartschaftsrechts sind nicht registerfähig, weil es sich nicht um Erklärungen des Erblassers handelt. Nicht registerfähig sind auch Pflichtteilsverzichte sowie Vaterschaftsanerkennungen und Rechtsgeschäfte unter Lebenden, auch wenn es sich um Rechtsgeschäfte zur vorweggenommenen Erbfolge handelt.