Rz. 25

Der Geschädigte kann von dem Schädiger (abstrakt) Zinsen (vgl. auch § 8 Rdn 369 ff.) für die Entziehung einer Sache oder wegen der Beschädigung einer Sache nach § 849 BGB ab dem Zeitpunkt verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes der Sache zugrunde gelegt wird.

 

Rz. 26

Für den Kraftfahrthaftpflichtschaden bedeutet dies, dass der Wiederbeschaffungswert eines total beschädigten Fahrzeugs oder die Wertminderung bei Reparaturschäden nach § 849 BGB grundsätzlich sofort, also von dem Schadenszeitpunkt an zu verzinsen ist.

 

Rz. 27

 

Beachte

Diese Zinspflicht beginnt jedoch erst ab dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf Nutzungsausfall endet (BGH VersR 1983, 555), d.h. solange Nutzungsausfall beansprucht wird, werden diese Schadenspositionen nicht verzinst.

 

Rz. 28

Die Verpflichtung zur Verzinsung des Totalschadens oder der Wertminderung gilt auch für Ansprüche nach dem StVG (BGH VersR 1983, 555).

 

Rz. 29

Alle übrigen Zinsansprüche für Schäden setzen Verzug des Schädigers oder des für die Regulierung zuständigen Kraftfahrthaftpflichtversicherers voraus.

 

Beachte

Durch das zum 1.5.2000 in Kraft getretene Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen wurde in § 288 Abs. 1 BGB die auf die Geldschuld für die Dauer des Verzugs zu entrichtende Verzinsung erheblich erhöht. Es sind nunmehr 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB zu zahlen. Diese Neuregelung des § 288 BGB gilt sowohl für Verzugszinsen als auch gemäß § 291 S. 2 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 BGB für die Prozesszinsen.

 

Rz. 30

Dieser Verzug liegt bei einfachen Sachverhalten aufgrund ordnungsgemäßer Fristsetzung nach ca. drei bis vier Wochen vor (OLG Saarbrücken MDR 2007, 1190; OLG Düsseldorf NZV 2008, 151; OLG München zfs 2011, 150 = DAR 2010, 644; OLG Frankfurt VersR 2018, 928; AG Münsingen zfs 1997, 168; LG Aachen zfs 1983, 292; LG Düsseldorf VersR 1981, 583; AG Nürnberg zfs 1981, 44) und mag sich bei einem Fall mit Auslandsberührung auf sechs Wochen erhöhen (OLG Saarbrücken VersR 2018, 696).

 

Rz. 31

Bei der Regulierung eines Kfz-Haftpflichtschadens ist dem Haftpflichtversicherer eine angemessene Frist zur Prüfung von Grund und Umfang seiner Eintrittspflicht zuzubilligen. Deren Länge hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (OLG Saarbrücken VersR 2018, 696). Sie beginnt mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens, welches zumindest die Schilderung des Unfallhergangs voraussetzt (OLG Saarbrücken VersR 2018, 733). Nach zutreffender Ansicht des OLG Frankfurt am Main (VersR 2018, 928) darf der Geschädigte nach Vorlage seines Anspruchsschreibens zumindest erwarten, dass der gegnerische Haftpflichtversicherer kurzfristig mitteilt, ob, inwieweit und wie lange eine Prüfung stattfindet. Entsprechend dürfte bei fehlender Reaktion auf mehrere Anwaltsschreiben ein Anlass zur Klageerhebung i.S.d. § 93 ZPO vorliegen, sodass ein "sofortiges Anerkenntnis" für den Versicherer mit Kostenlast des Geschädigten dann nicht mehr möglich ist, unabhängig von der Frage, ob die übliche Regulierungsfrist bei Klageerhebung bereits abgelaufen war (OLG Karlsruhe VersR 2020, 377).

 

Rz. 32

Ein Zuwarten bis zur Akteneinsicht würde aber den berechtigten Interessen des Geschädigten an einer raschen Regulierung zuwiderlaufen (OLG Saarbrücken zfs 1991, 16; AG Münsingen zfs 1997, 168). Die Entscheidung des LG Oldenburg in DAR 1999, 76, die dem Haftpflichtversicherer einen Bearbeitungs- und Prüfungszeitraum von bis zu sieben Wochen zugesteht, wenn er vorher noch keine Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Ermittlungsakten hatte, ist nicht zu akzeptieren, weil sie verkennt, dass die Klärung des Unfallhergangs im Einfluss- und Verantwortungsbereich des KH-Versicherers und seines Versicherungsnehmers liegt (Gebhardt, Bearbeitungs- und Prüfungszeitraum des Haftpflichtversicherers, DAR 1999, 140). Das OLG München hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Prüffrist für einen Kfz-Haftpflichtversicherer in der Regel maximal vier Wochen beträgt, jedoch "angesichts der Möglichkeiten der elektronischen Schadensbearbeitung – insbesondere in einfachen Fällen – auch deutlich darunter liegen" kann (OLG München zfs 2011, 150 = DAR 2010, 644). Dementsprechend ist dem OLG München folgend die Rechtsprechung, welche regelmäßige Prüffristen von vier bis sechs Wochen zuerkennt (KG VersR 2009, 1262; OLG Dresden v. 29.6.2009 – 7 U 499/09 – NZV 2009, 604 [nur Leitsatz]; OLG Saarbrücken v. 9.2.2010 – 4 W 26/10–03; OLG Stuttgart DAR 2013, 708; OLG Frankfurt VersR 2015, 1373; OLG Koblenz VersR 2016, 1269; OLG Saarbrücken VersR 2018, 696; OLG Saarbrücken VersR 2018, 733), abzulehnen. Auch eine fehlende Einsichtnahmemöglichkeit in die Ermittlungsakte führt nicht zu einer Verlängerung der Prüffrist, da sich der Haftpflichtversicherer bei seinem Versicherungsnehmer und ggf. weiteren mitversicherten Personen zu unterrichten hat und zudem mit einer Einsichtnahme häufig erst nach Monaten zu rechnen ist (OLG Frankfurt a.M. VersR 2018, 928; OLG Saarbrücken VersR 2018, 733; OLG Dresden v. 29.6.2009 – 7 U 499/09 –...

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