Dr. iur. Stephanie Herzog
Rz. 9
Für Nachlasserbenschulden und reine Eigenverbindlichkeiten haftet der Erbe im Außenverhältnis (zumindest auch) mit seinem eigenen Vermögen.
Zu den Eigenverbindlichkeiten zählen Verbindlichkeiten, die der Erbe selbst im Rahmen eigenhändiger Verwaltung des Nachlasses eingeht, gleichsam durch eigene Rechtshandlung, während die Nachlasskosten- bzw. Nachlassverwaltungsschulden, die als Erbfallschulden zu qualifizieren sind, ohne Zutun des Erben entstehen. Entscheidend ist stets, ob die Schuld durch ein Handeln des Erben – sei es ein rechtsgeschäftliches oder ein sonstiges (z.B. die Unterlassung einer möglichen Kündigung) – bei der Verwaltung des Nachlasses entstanden ist. Ist dies der Fall, so ist die Schuld zumindest keine reine Nachlassverbindlichkeit, sondern zumindest auch Eigenverbindlichkeit, für die eine Haftungsbeschränkung nach außen nicht möglich ist.
Hinweis
Inwieweit auch ein einzelner Miterbe Nachlasserbenschulden begründen kann, ist sehr umstritten.
Rz. 10
Hierunter fallen z.B.:
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die weitere Inanspruchnahme eines vom Erblasser aufgenommenen Kredits, |
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die Rückforderung von Rentenüberbezahlungen, |
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Grundsteuer und sonstige Steuerschulden, Abfallgebühren, Gebühren für Niederschlagswasser und Grundsteuer in Bezug auf nachlasszugehörige Grundstücke ab dem Erbfall, |
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Ansprüche aus einem fortgeführten, trotz Kündigungsmöglichkeit nicht gekündigten Mietverhältnis, |
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Prozesskosten eines Rechtsstreits, den der Erbe im Hinblick auf Nachlassverbindlichkeiten führt, und |
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die Kosten des Erbscheins (str.). |
Rz. 11
Hierunter fallen auch die Kosten, die i.R.d. Herbeiführung der Haftungsbeschränkung anfallen, z.B.
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die Kosten des Gläubigeraufgebots, |
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die Kosten für die Beantragung, Anordnung und Durchführung der Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz, bei Ablehnung der Verfahrenseröffnung mangels Masse inkl. der Kosten für die Beantragung und das Anordnungsverfahren (Gerichtskosten, Nrn. 2310, 2320 KV GKG, und Gutachterkosten). |
1. Nachlasserbenschulden
Rz. 12
Ist der Erbe also im Rahmen der Verwaltung des Nachlasses eine Verbindlichkeit eingegangen, so handelt es sich zumindest auch um eine Eigenverbindlichkeit, sodass eine Haftungsbeschränkung im Außenverhältnis ausgeschlossen ist. Es kann sich aber zugleich um eine Nachlassschuld handeln, wenn die Verbindlichkeiten "vom Standpunkt eines sorgfältigen Verwalters in ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses eingegangen wurden", man spricht dann von einer "Nachlasserbenschuld" (auch: "Nachlasserbenverbindlichkeiten", "Nachlasseigenschulden"). Bezüglich dieser kann der Erbe seine Haftung im Außenverhältnis zwar nicht auf den Nachlass beschränken, er kann sich aber beim Nachlass regressieren, §§ 1978 Abs. 3, 670, 1979 BGB (ggf. i.V.m. § 324 Abs. 1 Nr. 1 InsO).
Hinweis
Für solche Verwaltungskosten kann der Erbe die Haftung im Außenverhältnis nur dann auf den Nachlass beschränken, wenn er erkennbar nur für den Nachlass gehandelt hat.
Rz. 13
In Bezug auf die hier beispielhaft genannten Kosten, die i.R.d. Herbeiführung der Haftungsbeschränkung entstehen können, kommt es also darauf an, ob diese aufgrund einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung entstanden sind, ob sie also als sinnvoll und notwendig erachtet werden konnten.
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Ein Gläubigeraufgebot wird man dann als ordnungsgemäße Verwaltung ansehen müssen, wenn nicht sicher ausgeschlossen werden kann, dass definitiv keine unbekannten Nachlassgläubiger da sind (was schwerlich je der Fall sein wird) und die Kosten des Verfahrens dem Bestand des Nachlasses gegenüber nicht unverhältnismäßig groß sind, § 1980 Abs. 2 S. 2 letzter Hs. BGB. |
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Ein Antrag auf Nachlassverwaltung wird nur dann eine ordnungsgemäße Nachlassverwaltung darstellen, wenn der Erbe zu diesem Zeitpunkt (noch) von der Hinlänglichkeit des Nachlasses ausgehen durfte. |
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Ein Antrag auf Nachlassinsolvenz entspricht immer dann einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn ein Insolvenzeröffnungsgrund (also zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit oder eben wirkliche Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) vorliegt – m.E. wird man dies vor dem Hintergrund des § ... |