Rz. 61

Abb. 5.40a

Gestalten sich die Sichtmöglichkeiten auch auf dunkler Straße (keine zusätzliche Straßenbeleuchtung) vergleichsweise einfach, so werden sie bei der Anwesenheit von ortsfesten Beleuchtungsquellen nicht unbedingt einfacher, was exemplarisch durch die Abb. 5.40a zum Ausdruck kommt. Hier bewegt man sich als Pkw-Fahrer in einer hell beleuchteten Szenerie – der Straßenzug ist durch ortsfeste Beleuchtungskörper aufgehellt. Im Bildhintergrund leuchtet die Signal­anlage und signalisiert freie Fahrt (grünes Ampellicht).

Lässt man die im Rahmen der lichttechnischen Vermessung rechtsseitig aufge­stellten Pylonen außer Acht, so würde man als Pkw-Fahrer dem im linken Bildbereich zu erkennenden hellen Objekt zunächst seine Aufmerksamkeit widmen. Hierbei handelt es sich aber nicht um einen Fußgänger, der von links nach rechts die Fahrbahn überqueren will, sondern um mehrere zusammengestellte Restmüllsäcke, von denen bekanntermaßen im Fließverkehr keine Gefahr ausgeht.

Der Fußgänger, der hier im Realgeschehen letztlich unfallbeteiligt war, überquerte bei Grünlicht zeigender Ampel in Höhe der Fußgängerfurt die Straße und ist in der Abb. 5.40a bei längerer Betrachtung auch zu erkennen. Dies zeigt, dass für die Wahrnehmung desselben eben nicht eine einfache Blickbewegung nach vorne ausreicht, da der Pkw-Fahrer im Fahrverlauf so vielen unterschiedlichen Sinneseindrücken ausgesetzt ist, die diesen Vorgang ganz bestimmt nicht zu einer einfachen Sehaufgabe werden lassen.

Abb. 5.40b

Erst bei gehöriger Annäherung an die spätere Unfallstelle, Abb. 5.40b, ist der auf die Fahrbahn tretende Fußgänger (von rechts kommend) in der ausgeleuchteten Zone der Fußgängerfurt sicher zu erkennen. Zu behaupten, dass selbiger schon in der größeren Distanz, Abb. 5.40a, sicher wahrnehmbar war, ist also mehr als fraglich, da man hier seinen Blick nicht zwingend zielgerichtet dorthin wenden wird. Deswegen reicht es auch nicht, im Rahmen einer Unfallanalyse die prinzipielle Erkennbarkeit dieses Fußgängers in größerer Distanz zu bejahen, wenn denn im Bildvordergrund, also der Fahrlinie des Pkw deutlich näher gelegen, eben jenes Hindernis am linken Fahrbahnrand direkt hinter dem abgeparkten Pkw erscheint.

 

Rz. 62

Abb. 5.41a

Insbesondere dann, wenn ortsfeste Straßenbeleuchtung vorhanden ist, spielt dessen Ausleuchtungsqualität eine eminente Rolle. In Abb. 5.41a ist jene eines innerstädtischen ­Kurvenzuges gezeigt. Der Pkw-Fahrer befährt hier einen Linksbogen. Die an Peitschenauslegern angebrachten Beleuchtungsquellen erhellen die eigene Fahrspur durchaus passabel. Der gleiche Fahrbahnverlauf bei Straßennässe führt indes zu ­einer stark streifigen Fahrbahnausleuchtung. Von den Aufstandspunkten der Straßenlaternen ziehen sich sog. Glanzstreifen, also Zonen extrem hoher Helligkeit auf das Beobachterauge zu. Dazwischen liegen dunkle Fahrbahnabschnitte, sog. Tarnzonen, in denen ein dunkel ­gekleideter Fußgänger grundsätzlich schlechter wahrnehmbar ist als im Falle der trockenen Straße (hier gleichmäßiger Lichtteppich).

Abb. 5.41b

In Abb. 5.41b würde man einen ganz links im Bildbereich herannahenden dunklen Fußgänger überhaupt nicht erkennen, dort ist die Straße "stockdunkel". Durch die Anwesenheit der Beleuchtungseinrichtungen wird aber dem Pkw-Fahrer suggeriert, er befände sich in einer ausreichend aufgehellten Straßenzone.

Es leuchtet mithin ein, dass sich eine ortsfeste Straßenbeleuchtung nicht immer positiv auf die Erkennungsmöglichkeiten von z.B. Fußgängern auswirkt, selbige kann auch zu so ungünstigen Sichtverhältnissen führen, wie in der Abb. 5.41b zu sehen. Durch die hellen Glanzstreifen, die mit im Beobachterauge liegen, wird auch die Helligkeit im Augenmedium deutlich erhöht, was bedeutet, dass schwache Kontraste (dunkelgrauer Fußgänger vor dunklem Hintergrund) noch schlechter wahrnehmbar werden, als im Falle der Nichtanwesenheit dieser Straßenbeleuchtung (dann also nur das eigene Scheinwerferlicht).

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