Verfahrensgang
LG Gera (Aktenzeichen 2 O 1301/14) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 17.01.2019, Az. 2 O 1301/14, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerinnen haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerinnen nehmen die Beklagten als Gesamtschuldner auf Erstattung von Leistungen in Form von Heilbehandlungskosten und Pflegekosten wegen eines Unfalls in Anspruch, den der Geschädigte W ... R ... am 06.10.2011 auf der B ... in K ... in Höhe der Gartenanlage "..." erlitten hat, wobei sie erstinstanzlich eine Erstattung im Umfang von 70 % verlangt haben. Der Geschädigte wollte die Straße als Fußgänger von links nach rechts überqueren und wurde, nachdem er die linke Fahrspur überquert hatte, im Bereich der rechten Fahrspur von dem von dem Beklagten zu 1) geführten Pkw erfasst. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung eines Zeugen und urkundenbeweislicher Verwertung von dessen in einem Parallelverfahren (LG Gera, Az. 3 O 268/14) erstatteten Aussage und unter Verwertung der Feststellungen eines dort eingeholten Sachverständigengutachtens sowie Einholung eines Ergänzungsgutachtens im vorliegenden Verfahren abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, im Ergebnis der Beweisaufnahme sei die Haftung der Beklagten wegen überwiegenden Mitverschuldens des Geschädigten ausgeschlossen. Zwar habe der Geschädigte durch den von dem Beklagten zu 1) gehaltenen und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw Körperverletzungen und Gesundheitsbeeinträchtigungen erlitten. Auch sei die Ersatzpflicht nicht wegen höherer Gewalt ausgeschlossen. Jedoch müsse er sich ein überwiegendes Eigenverschulden anrechnen lassen, da ihm ein schuldhafter Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO vorzuwerfen sei. Dabei sei die Unfallörtlichkeit zu beachten. Dort befänden sich ausweislich der Ermittlungsakte und nach dem Parteivortrag keine ausgewiesenen Fußgängerwege. Zum Unfallzeitpunkt sei es dunkel gewesen, es habe Dauerregen geherrscht, wie sich aus dem Sachbericht der Polizeiinspektion S ... vom 06.10.2011 ergebe. Dies habe der Zeuge W ... bestätigt. Es sei sehr dunkel gewesen, es habe stark geregnet, das Scheinwerferlicht sei hiervon geschluckt worden. Es habe dichter Berufsverkehr geherrscht, dann habe das Fahrzeug vor seinem Fahrzeug plötzlich gebremst und sei leicht in Richtung Gegenverkehr gefahren. Plötzlich sei "bildlich gesprochen" ein Mensch wie die Rolle einer Waschanlage vom Auto und vor seinem Pkw auf die Fahrbahn gefallen. Er habe nicht gesehen, woher der Mensch gekommen und in welche Richtung er gegangen sei. Dort habe keine Straßenbeleuchtung gestanden, jedenfalls sei sie nicht hilfreich gewesen. Ebenso habe er dies im Rahmen seiner Vernehmung im Parallelverfahren geschildert. Damit habe der Geschädigte bei Starkregen und starkem Berufsverkehr versucht, die Fahrbahn zu überqueren, die in diesem Bereich unbeleuchtet gewesen sei. Weiter sei er dunkel gekleidet gewesen. Dieses Verhalten sei als grob fahrlässig zu bewerten. Er habe jegliche Sorgfalt vermissen lassen. Damit spreche schon der Anscheinsbeweis für dessen überwiegendes Eigenverschulden.
Darüber hinaus ergebe sich aus den Feststellungen des Sachverständigen R ..., dass es nicht möglich sei, für den Beklagten zu 1) eine Vermeidbarkeitsmöglichkeit nachzuweisen. Nur bei einer Variation der Randparameter konsequent zugunsten des Geschädigten sei darzustellen, dass der Beklagte zu 1) die Kollision hätte vermeiden können. Eine Betrachtung zulasten der Beklagten scheide allerdings aus, so dass es bei der Feststellung des Sachverständigen verbleiben müsse, dass es für den Beklagten zu 1) keine Vermeidbarkeitsmöglichkeiten gegeben habe. Auch die ergänzende Stellungnahme zum Erstgutachten vom 02.02.2016 und die im vorliegenden Verfahren eingeholte Stellungnahme vom 26.04.2016 habe keine neuen Erkenntnisse gebracht. So sei eine sichere, eindeutige und belastbare Rekonstruktion der Sichtmöglichkeiten nicht möglich. Ein Pkw mit eingeschaltetem Fahrlicht werde eher erkennbar sein als ein unbeleuchteter Fußgänger, so dass davon auszugehen sei, dass es für den Geschädigten möglich gewesen sei, die Fahrzeuge im Kolonnenverkehr zu erkennen. Im vorliegenden Fall, in dem der Fußgänger in Querrichtung vor dem Pkw die Fahrbahn betreten habe, könne ein Unfallereignis auch unvermeidbar sein, wenn sich der Pkw-Fahrer konsequent an das Sichtfahrgebot gehalten habe. Das Gericht ...