Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 333
Der gemeine Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften ermittelt sich grundsätzlich primär nach dem Börsenkurs. Bei nicht notierten Anteilen soll der gemeine Wert – wie bei der Bewertung von Betriebsvermögen – nach § 11 Abs. 2 BewG in erster Linie aus Verkäufen unter fremden Dritten abgeleitet werden, die weniger als ein Jahr vor dem Besteuerungszeitpunkt zurückliegen. Liegen derartige Verkäufe nicht vor, ist der gemeine Wert entsprechend der Ausführungen unter Rdn 291 ff. (III. Bewertung von Unternehmensvermögen) zu schätzen.
a) Bewertung auf Basis des Nennkapitals
Rz. 334
Der gemeine Wert eines nicht notierten Anteils an einer Kapitalgesellschaft bestimmt sich unabhängig vom anzuwendenden Bewertungsverfahren nach dem Verhältnis des Anteils am Nennkapital (Grund- oder Stammkapital) der Gesellschaft zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft zum Bewertungsstichtag. Soweit die Gesellschaft eigene Anteile hält, mindern sie das Nennkapital. Dies gilt auch, wenn das Nennkapital noch nicht vollständig eingezahlt ist. Dabei ist es unerheblich, ob noch mit der Einzahlung des Restkapitals zu rechnen ist oder nicht. Etwas anderes gilt nur, wenn die Beteiligung am Vermögen und am Gewinn der Gesellschaft aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung der Gesellschafter sich auf die jeweilige Höhe des eingezahlten Nennkapitals bezieht. In diesem Fall ermittelt sich der gemeine Wert nur auf das tatsächlich eingezahlte Nennkapital. Der gemeine Wert wird für je 100 EUR des Nennkapitals ermittelt.
b) Paketzuschlag bei Kapitalgesellschaften
aa) Anwendungsbereich
Rz. 335
In Fällen, bei denen der gemeine Wert der zu bewertenden Anteile an einer Kapitalgesellschaft – aufgrund des Beteiligungscharakters – höher ist als der Wert, der den Beteiligungscharakter nicht berücksichtigt, ist unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 BewG ein sog. Paketzuschlag vorzunehmen. Ein Paketzuschlag kommt sowohl beim Ansatz von Kurswerten als auch bei der Ermittlung des gemeinen Werts durch Ableitung aus Verkäufen in Betracht.
Rz. 336
Auch wenn der gemeine Wert in einem Ertragswertverfahren oder nach einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode oder im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelt wird, ist – unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 BewG – der Paketzuschlag erforderlich, wenn die in § 11 Abs. 3 BewG genannten Umstände bei der Wertermittlung nicht berücksichtigt werden.
Rz. 337
Im vereinfachten Ertragswertverfahren ist in der Regel kein Paketzuschlag vorzunehmen. Auch ein Abschlag wegen fehlenden Einflusses auf die Geschäftsführung kommt in diesen Fällen nicht in Betracht.
Ein Paketzuschlag ist außerdem nicht vorzunehmen, wenn die Bewertung mittels Substanzwertverfahren erfolgt.
bb) Voraussetzungen
Rz. 338
Die Grenze, ab der ein Paketzuschlag zu prüfen ist, liegt bei einer Übertragung von mehr als 25 v.H. der Anteile an einer Kapitalgesellschaft. Ein Paketzuschlag ist vorzunehmen, wenn ein Gesellschafter mehr als 25 v.H. der Anteile an einer Kapitalgesellschaft auf einen oder mehrere Erwerber überträgt. Es ist dabei unerheblich, ob die Anteile auf einen oder mehrere Erben übergehen. Ein Paketzuschlag ist somit auch dann vorzunehmen, wenn die Aufteilung unter den Erben dazu führt, dass jeder der Erben nur eine Beteiligung von weniger als 25 v.H. erhält.
Rz. 339
Ein schuldrechtlicher Anspruch eines neben den Erben existierenden Vermächtnisnehmers kann dazu führen, dass ein Paketzuschlag nicht mehr gerechtfertigt ist, wenn dieser Anspruch dazu führt, dass nach Erfüllung desselben eine Beteiligung von insgesamt weniger als 25 v.H. für die Erben verbleibt.
Rz. 340
Bei Schenkungen unter Lebenden stellen die auf den Erwerber übergehenden Anteile die Besteuerungsgrundlage dar. Die Bewertung der zugewendeten Anteile richtet sich unter Berücksichtigung einer möglichen Zusammenrechnung im Zehnjahreszeitraum danach, ob diese mehr als 25 v.H. betragen.
Wendet dieselbe Person einem Erwerber mit zeitlichem Abstand mehrere Anteile zu, die innerhalb von zehn Jahren zusammengerechnet bei dem Erwerber zu einer Beteiligung von mehr als 25 v.H. führen, ist bei den Anteilen, die beim Erwerber erstmals die gesamte Beteiligungsgrenze von 25 v.H. durchbrechen und allen weiteren zugewendeten Anteilen ein Paketzuschlag vorzunehmen.
Rz. 341
Unbeachtlich ist der Paketzuschlag, wenn die Zuwen...