Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 394
Bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i.S.v. § 15 EStG regelt § 16 EStG, dass es sich auch insoweit um gewerbliche Einkünfte handelt. Der Veräußerungsgewinn wird auf Antrag nach § 16 Abs. 4 EStG zur Einkommensteuer nur herangezogen, wenn er 45.000 EUR übersteigt und der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Der Freibetrag, der nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden kann, ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 EUR übersteigt. Bei einem Veräußerungsgewinn von mehr als 181.000 EUR läuft der Freibetrag daher ins Leere und wirkt sich nicht aus.
Hinweis
Daneben greift die sog. Fünftelregelung des § 34 EStG ein, da es sich bei dem Veräußerungserlös gemäß § 16 EStG um außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG handelt. Danach findet auf den Veräußerungsgewinn ein begünstigter Einkommensteuersatz Anwendung, der sich aus dem Fünffachen des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen und der Einkommensteuer für dieses Einkommens zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte ergibt, § 34 Abs. 1 S. 2 EStG.
Rz. 395
Voraussetzung für die Anwendung des § 16 EStG ist jedoch, dass entweder der ganze Gewerbebetrieb oder ein Teilbetrieb (bei einem Einzelunternehmen) veräußert wird (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG) oder der Mitunternehmer seinen gesamten Anteil an der Personengesellschaft veräußert (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils erzielt werden, zählen demgegenüber zu den laufenden Gewinnen, die nicht den Begünstigungen der §§ 16, 34 EStG unterfallen und gewerbesteuerpflichtig sind.
Hinweis
Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit als laufender Gewinn, § 16 Abs. 2 S. 3 EStG.
Rz. 396
Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass der Mitunternehmeranteil nicht allein aus der Beteiligung am Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft besteht, sondern auch das etwaige Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters erfasst (siehe oben Rdn 387). Damit die Begünstigungen der §§ 16, 34 EStG eingreifen, ist jedoch nicht erforderlich, dass der Gesellschafter sein gesamtes Sonderbetriebsvermögen mit veräußert. Es genügt, wenn neben dem Anteil am Gesamthandsvermögen die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens mit übertragen werden, die wesentliche Betriebsgrundlage der Personengesellschaft sind. Erforderlich ist der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Als wesentliche Betriebsgrundlage gelten diejenigen Wirtschaftsgüter, die nach ihrer Funktion für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung sind und solche Wirtschaftsgüter, die erhebliche stille Reserven beinhalten.
Hinweis
Werden wesentliche Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens zurückbehalten und in das Privatvermögen des Gesellschafters überführt, kommt zwar keine begünstigte Veräußerung des Mitunternehmeranteils in Betracht. Es kann aber eine begünstigte Betriebsaufgabe vorliegen.
Rz. 397
Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer ist der Veräußerungsgewinn. Dieser berechnet sich nach § 16 Abs. 2 EStG aus dem Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns ist der Wert des Betriebsvermögens bzw. des Mitunternehmeranteils auf den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 5 EStG zu bestimmen, § 16 Abs. 2 S. 2 EStG. Es gelten die allgemeinen Regelungen. Der Mitunternehmer wird so gestellt, als würde er seine ideellen Anteile an den einzelnen Wirtschaftsgütern der Gesellschaft veräußern. Erfolgt die Veräußerung während eines Wirtschaftsjahres, muss der Wert ggf. durch eine Zwischenbilanz auf den Veräußerungszeitpunkt bestimmt werden.
Rz. 398
Beispiel 1
Der Unternehmer U ist zu 30 % an der P-GmbH & Co. KG beteiligt. Er veräußert seine Beteiligung als Kommanditist am 1.6.2010 an den S für einen Betrag von 100.000 EUR. Das Kapitalkonto des U beläuft sich am 1.6.2010 – ausweislich der Zwischenbilanz – auf 40.000 EUR. Mit den 60.000 EUR, die den Buchwert des Kapitalkontos übersteigen, vergütet S dem U die anteiligen stillen Reserven, die in den Wirtschaftsgütern der Gesellschaft verborgen sind.
Rz. 399
Besonderheiten ergeben sich, wenn das Kapitalkonto des Mitunternehmers bei der Gesellschaft negativ ist. Es ist danach zu differenzieren, ob der ausscheidende Mitunternehmer ausgleichspflichtig gegenüber der Gesellschaft ist oder nicht. Ist er nicht ausgleichspflichtig, bedeutet der Wegfall des negativen Kapitalkontos bei der Gesellschaft für ihn keinen Vermögensvorteil, der als Kaufpreisbestandteil anzusehen sein könnte. Der Wegfall des negativen Kapitalkontos wirkt sich insoweit nicht kaufpreiserhöhend aus. Etwas anderes gilt, wenn der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet ist, ein negati...