Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 239
Der Wert für Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke sowie gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt, ist zukünftig nach dem Ertragswertverfahren zu ermitteln (§ 182 Abs. 3 BewG). Die übliche Miete kann auch durch ein Mietgutachten nachgewiesen werden. Das Verfahren ist dann nicht anzuwenden, wenn zwar eine tatsächliche Miete vereinbart ist, jedoch keine übliche Miete ermittelt werden kann. In solchem Fall ist ein Vergleich nicht möglich.
Rz. 240
Lediglich bei Mietwohngrundstücken, die stets im Ertragswertverfahren zu bewerten sind, ist auch in den Fällen, in denen weder eine tatsächliche Miete vorhanden noch eine ortsübliche Miete ermittelbar ist, die Bewertung im Ertragswertverfahren vorzunehmen. Die Miete ist in einem solchen Fall marktbezogen, z.B. durch Mietabgleich mit Mietverhältnissen in vergleichbaren überregionalen Lagen zu schätzen.
Rz. 241
Der Wert nach dem Ertragswertverfahren setzt sich zum einen aus dem Wert der baulichen Anlage (Gebäude) auf Grundlage des damit erzielbaren Ertrags und zum anderen aus dem Bodenwert zusammen (§ 184 Abs. 1 BewG). Dabei soll der Bodenwert analog dem Wert eines unbebauten Grundstücks zu ermitteln sein (§ 184 Abs. 2 BewG). Als Mindestwert ist nach § 184 Abs. 3 S. 2 BewG der Bodenwert anzusetzen.
Einzelheiten zum Ertragswertverfahren sind im Bewertungsgesetz in den §§ 184 bis 188 BewG geregelt.
aa) Berechnungsschema
Rz. 242
Der anzusetzende Wert ergibt sich aus der Summe des auf Grundlage des Ertrags ermittelten Werts der baulichen Anlagen (Gebäudeertragswert) und dem Bodenwert (Fläche × Bodenrichtwert) und errechnet sich wie folgt:
bb) Ermittlung des Bodenwerts
Rz. 243
Der Bodenwert ermittelt sich aus der Multiplikation des Bodenrichtwerts und der Grundfläche des unbebauten Grundstücks (§ 184 Abs. 2 i.V.m. § 179 BewG).
Beispiel 1
Ein 42 Jahre altes Mehrfamilienhaus (mittlerer Standard) mit einer gesamten Wohnfläche von 500 Quadratmeter steht auf einem Grundstück von 600 Quadratmeter. Der Bodenrichtwert für das Grundstück beträgt 300 EUR pro Quadratmeter und die übliche monatliche Miete 10 EUR pro Quadratmeter.
Der Bodenwert, d.h. der Wert des Grund und Bodens, beträgt 180.000 EUR und ermittelt sich wie folgt:
Grundfläche (600 m2) x Bodenrichtwert (300 EUR/m2) = Bodenwert: 180.000 EUR
cc) Ermittlung des Gebäudeertragswerts
Rz. 244
Der Gebäudeertragswert ermittelt sich aus dem Reinertrag des Grundstücks. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Rohertrag und den Bewirtschaftungskosten (§ 185 Abs. 1 BewG).
(1) Ermittlung des Rohertrags
Rz. 245
Ausgangsgröße für den Rohertrag ist grundsätzlich die jährlich vereinbarte Miete ohne Berücksichtigung von Umlagen zur Deckung von Betriebskosten (§ 186 Abs. 1 BewG). Sofern keine Miete vereinbart wurde, d.h. insbesondere bei eigengenutzten, ungenutzten oder unentgeltlich überlassenen Grundstücken, wird die übliche Miete angesetzt. Der Ansatz der üblichen Miete kommt auch zur Anwendung, wenn die tatsächliche Miete um mehr als 20 v.H. von der üblichen Miete abweicht (§ 186 Abs. 2 S. 1 BewG). Die übliche Miete ist zu schätzen, wobei auch hier Betriebskosten nicht einzubeziehen sind (§ 186 Abs. 2 S. 3 BewG).
Beispiel 1 (Fortführung)
Der Rohertragswert beträgt 60.000 EUR und ermittelt sich wie folgt:
|
Wohnfläche |
500 m2 |
× |
Miete pro m2 und Monat |
10 EUR/m2 und Monat |
= |
monatliche Miete |
5.000 EUR pro Monat |
× |
12 Monate |
12 Monate |
= |
Rohertrag (= jährlich vereinbarte Miete) |
60.000 EUR |
Rz. 246
Zum Rohertrag rechnen neben der vertraglich vereinbarten Miete auch die Mieteinnahmen für Stellplätze, Mieteinnahmen für Nebengebäude wie zum Beispiel Garagen, Untermietzuschläge oder Vergütungen für außergewöhnliche Nebenleistungen des Vermieters oder Baukostenzuschüsse und Mietvorauszahlungen, soweit sie auf den Mieter anzurechnen sind. Nicht in das Entgelt einzubeziehen sind insbesondere Einnahmen für die Überlassung von Maschinen, Betriebsvorrichtungen und Einrichtungsgegenständen oder die Umsatzsteuer. In den Fällen der Betriebsaufspaltung ist von der zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen vertraglich vereinbarten Miete auszugehen.
Rz. 247
Nicht zum Entgelt gehören Betriebskosten. Diese werden in R B 186.2 ErbStR 2019 definiert. Es handelt sich bei diesen Betriebskosten um solche im Sinne des § 27 Abs. 2 BV oder § 2 BetrKV, die neben der Miete mit ihrem Mieter abgerechnet werden können (Umlage für Betriebskosten). Falls die Betriebskosten pauschal erhoben werden und nicht mit dem Mieter abgerechnet werden, sind sie im Entgelt zu erfassen; die tatsächlich angefallenen Betriebskosten ...