Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 425
§ 6 Abs. 6 EStG stuft den Tausch einzelner Wirtschaftsgüter als Veräußerungsvorgang ein, demzufolge sich die Anschaffungskosten des erhaltenen Wirtschaftsgutes nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes bestimmen. Dies gilt beispielsweise auch für die offene Sacheinlage im Rahmen der Gründung oder Kapitalerhöhung einer Kapitalgesellschaft.
Rz. 426
Für die Übertragung von Anteilen an Mitunternehmerschaften ist die Regelung des § 6 Abs. 3 EStG vorrangig. Gleiches gilt für die Vorschriften des UmwStG. Für die Weggabe eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft durch eine Körperschaft gilt vorrangig § 8b Abs. 2 KStG.
Rz. 427
Nach § 6 Abs. 6 S. 2 EStG erhöhen sich für den Gesellschafter die Anschaffungskosten seiner Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Übertragung eines Wirtschaftsgutes im Wege der verdeckten Einlage erfolgt. Unter verdeckten Einlagen versteht man solche Vermögenszuführungen eines Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft, für die er keine Gesellschaftsanteile erhält und die ein fremder Dritter nicht vorgenommen hätte.
Rz. 428
§ 6 Abs. 6 S. 2 EStG erfasst nur die verdeckte Einlage eines Wirtschaftsgutes, das zu einem Betriebsvermögen gehört. Aus Sicht des Einlegenden handelt es sich um nachträgliche Anschaffungskosten auf seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft in Höhe des Teilwertes des verdeckt eingelegten Wirtschaftsgutes, die sich erst bei einer späteren Veräußerung der Beteiligung wertmindernd auswirken. Gleichzeitig kommt es in Höhe der Differenz des Teilwertes und des bisherigen Buchwertes zu einer Gewinnrealisierung. Ist Einlegender eine Körperschaft und Einlagegegenstand Anteile an Kapitalgesellschaften, kommt eine Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 2 S. 6 KStG in Betracht; in anderen Fällen kann das Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40a EStG eingreifen.
Hinweis
Die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft stellt gemäß § 23 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 EStG aus Sicht des Einlegenden stets eine Veräußerung i.S.v. § 23 EStG dar, wenn es sich um ein Wirtschaftsgut aus dem Privatvermögen des Einlegenden handelt. Sie ist im Jahr der verdeckten Einlage zu versteuern, § 23 Abs. 3 S. 6 EStG. Im Ergebnis entsprechen die Rechtsfolgen daher der Regelung in § 6 Abs. 6 S. 2 EStG.
Rz. 429
§ 6 Abs. 6 S. 3 EStG verweist auf § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. a EStG – Einlage von Wirtschaftsgütern, die innerhalb von drei Jahren vor dem Einlagezeitpunkt angeschafft wurden (siehe oben Rdn 408 f.) – und sieht vor, dass sich die Anschaffungskosten i.S.v. § 6 Abs. 6 S. 2 EStG um den Einlagewert des Wirtschaftsgutes erhöhen. Ist das Wirtschaftsgut innerhalb der letzten drei Jahre vor der verdeckten Einlage angeschafft oder hergestellt worden, ist der Wertansatz bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft auf die damaligen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Eine Aufdeckung der stillen Reserven erfolgt in diesem Fall nicht.
Gemäß § 6 Abs. 7 EStG finden die Regelungen des § 6 Abs. 3 bis 6 EStG auch auf Einnahme-Überschuss-Rechner gemäß § 4 Abs. 3 EStG Anwendung.