Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 208
Maßstab für die Bewertung von Vermögen für erbschaftsteuerliche Zwecke ist der Verkehrswert bzw. der gemeine Wert. Dieser ist den §§ 9 ff. BewG geregelt. Einzelne Vermögensgegenstände werden wie folgt bewertet:
1. Wertpapiere und Anteile an Kapitalgesellschaften
Rz. 209
Wertpapiere und Anteile an Kapitalgesellschaften, die an der Börse zum Handel im regulierten Markt oder in den Freiverkehr einbezogen sind, werden mit dem Kurswert zum Übertragungsstichtag bewertet (§ 11 Abs. 1 BewG). Bei ausländischen Wertpapieren ist der Telefonkurs im inländischen Bankverkehr maßgebend, sofern dieser vorliegt. Andernfalls ist der gemeine Wert möglichst aus den Kursen des Emissionslandes abzuleiten. Der Wert von jungen Aktien und Vorzugsaktien, die noch nicht an der Börse eingeführt sind, ist aus dem Börsenkurs der Stammaktien abzuleiten.
Hinsichtlich der nicht notierten Anteile an Kapitalgesellschaften gelten die unter Rdn 291 ff. (Bewertung von Unternehmen) gemachten Ausführungen. Nicht notierte Wertpapiere, die Forderungsrechte verbriefen, werden mit dem Nennwert bewertet.
2. Kapitalforderungen und Schulden
Rz. 210
Kapitalforderungen und Schulden sind regelmäßig mit dem Nennwert anzusetzen (§ 12 BewG). Allerdings können besondere Umstände eine vom Nennwert abweichende Bewertung rechtfertigen. Solche liegen vor,
1. |
wenn die Kapitalforderungen oder Schulden unverzinslich sind und ihre Laufzeit im Besteuerungszeitpunkt mehr als ein Jahr beträgt; |
2. |
wenn die Kapitalforderungen oder Schulden niedrig verzinst oder hoch verzinst sind und die Kündbarkeit für längere Zeit ausgeschlossen ist; |
3. |
wenn zweifelhaft ist, ob eine Kapitalforderung in vollem Umfang durchsetzbar ist. |
a) Niedrig verzinsliche Kapitalforderung
Rz. 211
Niedrig verzinsliche Kapitalforderungen oder Schulden sind gegeben, wenn die Verzinsung unter 3 % liegt und die Kündbarkeit am Veranlagungsstichtag für längere Zeit, d.h. für mindestens vier Jahre, eingeschränkt oder ausgeschlossen ist. In diesen Fällen sind die Forderungen oder Schulden unter dem Nennwert anzusetzen. Dies gilt allerdings nicht, wenn einer unverzinslichen oder niedrig verzinslichen Kapitalforderung an Stelle der Zinsen oder neben den Zinsen andere wirtschaftliche Vorteile gegenüberstehen. Hier bleibt es beim Ansatz des Nennwerts.
b) Hoch verzinsliche Kapitalforderung
Rz. 212
Hoch verzinsliche Kapitalforderungen oder Schulden liegen im Allgemeinen vor, wenn die Verzinsung über 9 % liegt und die Rückzahlung am Besteuerungsstichtag noch für mindestens vier Jahre ausgeschlossen ist. In diesen Fällen ist ein Wert über dem Nennwert anzusetzen. Allerdings sind auch hier andere wirtschaftliche Nachteile zu berücksichtigen, die gegebenenfalls eine Bewertung zum Nennwert rechtfertigen.
c) Nicht durchsetzbare Forderungen
Rz. 213
Sofern zweifelhaft ist, ob oder inwieweit eine Kapitalforderung durchsetzbar ist, kann sie dem Grad der Zweifelhaftigkeit entsprechend mit einem niedrigeren Schätzwert anzusetzen sein. Das gilt insbesondere beim Ansatz verjährter Kapitalforderungen. Dabei rechtfertigen Schwierigkeiten in der Beurteilung der Rechtslage keinen Abschlag.
d) Steuererstattungsansprüche und Steuervergütungsansprüche
Rz. 214
Private Steuererstattungsansprüche und Steuervergütungsansprüche (z.B. Einkommensteuerschulden) sind als Kapitalforderungen oder Schulden zu bewerten.
e) Ausländische Forderungen
Rz. 215
Auf ausländische Währungen lautende Kapitalforderungen und Schulden sind mit dem am Besteuerungszeitpunkt maßgebenden Umrechnungskurs zu bewerten.
f) Bundesschatzbriefe
Rz. 216
Bundesschatzbriefe A sind mit ihrem Nennwert anzusetzen, während Bundesschatzbriefe B mit ihrem Rückzahlungswert anzusetzen sind.
g) Zero-Bonds
Rz. 217
Handelt es sich um börsennotierte Zero-Bonds, sind diese mit dem niedrigsten im Besteuerungszeitpunkt für sie im amtlichen Handel notierten Kurs anzusetzen (§ 11 Abs. 1 S. 1 BewG). Nichtnotierte Zero-Bonds sind in Anlehnung an die Kursnotierungen von in Ausstattung und Laufzeit vergleichbaren Anleihen zu bewerten.
h) Einlage des typischen stillen Gesellschafters
Rz. 218
Grundsätzlich sind Einlagen eines typischen stillen Gesellschafters mit dem Nennwert anzusetzen. Ist allerdings die Kündbarkeit der Einlage am Besteuerungszeitpunkt für längere Zeit ausgeschlossen (n...