Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 224
Die Bewertung von Grundstücken richtet sich nach eigenständigen im Bewertungsgesetz geregelten Bewertungsverfahren, die im Folgenden vorgestellt werden.
Rz. 225
Die Bewertung von Grundstücken erfolgt für erbschaftsteuerliche Zwecke nach § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. §§ 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 157 Abs. 3 BewG. Danach sind Grundstücke nach §§ 176 bis 198 BewG zu bewerten. Grundsätzlich wird bei der Bewertung von Grundstücken zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken unterschieden.
1. Bewertung unbebauter Grundstücke
Rz. 226
Unbebaute Grundstücke liegen vor, wenn sich auf dem Grundstück keine benutzbaren Gebäude befinden (§ 178 Abs. 1 S. 1 BewG). Ob Gebäude benutzbar sind, bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Gebäude sind dabei bezugsfertig, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, dieses zu benutzen (§ 178 Abs. 1 S. 3 BewG). Auf die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde kommt es für die Bezugsfertigkeit nach dem Bewertungsgesetz nicht an. Bei der Entscheidung, ob ein Gebäude bezugsfertig ist, ist auf das ganze Gebäude und nicht auf einzelne Wohnungen oder Räume abzustellen. Ist ein Gebäude noch nicht bezugsfertig, erfolgt die Bewertung des Grundstücks im Zustand der Bebauung nach § 196 BewG.
Als unbebaut gelten aber auch Grundstücke, auf denen sich Gebäude befinden, die auf Dauer keiner Nutzung zugeführt werden können (§ 178 Abs. 2 S. 1 BewG). Unbebaute Grundstücke liegen auch vor, wenn infolge Zerstörung oder Verfall der Gebäude auf Dauer kein benutzbarer Raum vorliegt (§ 178 Abs. 2 S. 3 BewG).
Rz. 227
Der Wert unbebauter Grundstücke bestimmt sich gemäß § 179 BewG nach der Fläche und den jeweils zuletzt vom Gutachterausschuss ermittelten Bodenrichtwerten (§ 179 BewG). Bei den anzuwendenden Bodenrichtwerten handelt es sich um durchschnittliche Lagewerte, die von den Gutachterausschüssen nach § 196 BauGB aufgrund der Kaufpreissammlung flächendeckend unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungsstandes ermittelt und den Finanzämtern mitgeteilt werden. Mitunter können von den Gutachterausschüssen keine Bodenrichtwerte mitgeteilt werden (z.B. bei werdendem Bauland). In diesen Fällen ist der Bodenrichtwert aus vergleichbaren Flächen abzuleiten (§ 179 S. 4 BewG). Eine Definition von Bauerwartungsland, Rohbauland und Nettorohbauland findet sich in R B 179.1 Abs. 3 ErbStR 2019.
Rz. 228
Die Gutachterausschüsse bilden zur Ermittlung der Bodenrichtwerte Richtwertezonen, die nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen. Mitunter wird zu dem Bodenrichtwert eine Geschossflächenzahl angegeben. In einem solchen Fall ist bei Grundstücken, deren Geschossflächenzahl von der des Bodenrichtwertgrundstücks abweicht, der Bodenrichtwert nach der Formel gemäß R B 179.2 Abs. 2 ErbStR 2019 abzuleiten. Werden Bodenrichtwerte in Abhängigkeit von der Grundstückstiefe ermittelt, sind die Bodenrichtwerte für das zu bewertende Grundstück je nach vorliegender Grundstückstiefe zu ermitteln. Anpassungen des Bodenrichtwerts können auch bei Frei- und Verkehrsflächen vorgenommen werden, die als solche ausgewiesen sind. Weitere wertbeeinflussende Merkmale wie z.B. Ecklage, Zuschnitt, Oberflächenbeschaffenheit und Beschaffenheit des Baugrundes, Lärm, Staub- oder Geruchsbelästigungen, Altlasten sowie die Außenanlagen bleiben außer Ansatz.
Rz. 229
Ein nach R B 179.2 ErbStR 2019 ermittelter Bodenrichtwert ist auf volle Cent abzurunden – der letztlich ermittelte Bodenwert auf volle Euro.
2. Bewertung bebauter Grundstücke
Rz. 230
Bebaute Grundstücke sind Grundstücke, auf denen sich benutzbare Gebäude befinden (§ 180 Abs. 1 S. 1 BewG). Falls ein Gebäude in Bauabschnitt errichtet wird, ist der fertiggestellte Teil als benutzbares Gebäude anzusehen. Zur wirtschaftlichen Einheit eines bebauten Grundstücks gehören in der Regel der Grund und Boden, die Gebäude, die Außenanlagen, sonstige wesentliche Bestandteile und das Zubehör.
Rz. 231
Die Grundstücke, die je nach Grundstücksart nach den verschiedenen Bewertungsverfahren zu bewerten sind, werden in § 181 BewG definiert. Ob ein Grundstück der einen oder anderen Kategorie zuzuordnen ist, ist bei Ein- und Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücke...