Rz. 12
Neben den datenschutzrechtlichen Vorgaben sind auch die mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften, allen voran § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beachten.
Dieses Mitbestimmungsrecht erfasst technische Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistungen der Arbeitnehmer zu überwachen. Die Überwachung vollzieht sich durch die Ermittlung der Daten, Überarbeitung und schließlich die Beurteilung der Daten. Das Mitbestimmungsrecht wird bereits dann ausgelöst, wenn lediglich ein Teil des Überwachungsvorgangs mittels einer technischen Einrichtung erfolgt. Eine Videoüberwachung kann diese Voraussetzungen in unterschiedlichen Stadien erfüllen. Die Videoanlage, die auf den Arbeitnehmer ausgerichtet ist, erhebt zunächst Daten, indem sie Bilder auf einen Bildschirm oder ein Speichermedium transportiert und damit wahrnehmbar macht. Werden die übertragenen oder gespeicherten Bilder gesichert, geordnet oder zueinander in Beziehung gesetzt, liegt eine Datenverarbeitung vor. Werden die ermittelten Daten letztlich an bestimmten Vorgaben gemessen, dient die Videoüberwachung der Beurteilung und Bewertung. Durch die Einrichtung einer Videoüberwachung können Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats daher auf verschiedenen Ebenen ausgelöst werden.
Rz. 13
Die Überwachung muss sich nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG auf die Leistung oder das Verhalten der Arbeitnehmer beziehen. Das Bundesarbeitsgericht versteht unter dem Begriff der "Leistung" die vom Arbeitnehmer in Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten erbrachten Tätigkeiten. Als "Verhalten" ist demgegenüber jedes Tun oder Unterlassen im betrieblichen oder auch außerbetrieblichen Bereich anzusehen, das für das Arbeitsverhältnis erheblich sein kann. Da das "Verhalten" die "Leistung" begrifflich mit einschließt, kommt es auf eine genaue Abgrenzung der Begriffe nicht an. Denkbare Formen der Verhaltens- oder Leistungskontrolle mittels Videoüberwachung sind die Datenerhebung zu Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Einzelheiten der Vertragserfüllung, Fehlzeiten, Alkohol am Arbeitsplatz, Verhalten auf Firmenparkplätzen, Kommunikation unter Kollegen, Erfüllen von Arbeitsvorgaben, Begehen von Straftaten am Arbeitsplatz, Wahrung von Sicherheitsvorkehrungen sowie das Verhalten gegenüber Kunden.
Rz. 14
Die Videoanlage muss – um den Anwendungsbereich von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu eröffnen – zur Überwachung eingesetzt sein. Es ist also erforderlich, dass die im Wege der Videoüberwachung ermittelten Daten der menschlichen Wahrnehmung zugänglich gemacht werden können. Dies erfolgt bei der Videoüberwachung durch eine Übermittlung der empfangenen Daten auf einem Bildschirm oder das Speichern der Bilder, unabhängig von der Dauer, auf einem Datenträger. Es genügt bereits, wenn die Videoanlage einen einzelnen Arbeitnehmer erfasst. Indes ist nicht erforderlich, dass sie zielgerichtet dazu verwandt wird, die Beschäftigten zu überwachen. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG greift vielmehr schon dann, wenn die Videoanlage zur Überwachung der Arbeitnehmer geeignet ist. Ist die Überwachung nur ein Nebeneffekt der technischen Einrichtung, löst dies ebenfalls die Mitbestimmungsrechte aus. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG wird deshalb auch bei Videoanlagen ausgelöst, die nur dazu dienen, das Firmengelände vor Eigentumsverletzungen durch Dritte zu schützen und dabei auch Arbeitnehmer erfassen. Das Bundesarbeitsgericht stellt daher in ständiger Rechtsprechung fest, dass Videoüberwachungsanlagen in aller Regel technische Einrichtungen sind, die dazu bestimmt sind, das Verhalten und die Leistungen der Arbeitnehmer zu überwachen.
Erfüllt eine Videoüberwachung die Voraussetzung von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, bezieht sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nicht nur auf die Einführung der Videoüberwachung als solche, sondern auch auf die Verarbeitung sowie die Beurteilung der gewonnen Daten. Unerheblich ist, ob die Daten gespeichert werden. Es genügt, wenn sie mittels eines Monitors der menschlichen Wahrnehmung zugänglich gemacht werden.