Rz. 22
NeKM verlangt von ihrem früheren Lebensgefährten M Unterhalt für sich und das gemeinsame fünfjährige Kind K. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 2.700 EUR. NeKM hat kein Einkommen. Vor der Geburt des Kindes verdiente neKM monatlich netto 1.200 EUR. Dies – und auch nicht mehr – würde die neKM heute ohne die Geburt verdienen. Das Kind wird halbtags fremdbetreut. Eine weitergehende Fremdbetreuungsmöglichkeit besteht nicht. Die Kindsmutter könnte bei einer Halbtagstätigkeit, die sie allerdings nicht ausüben will, 600 EUR erzielen.
I. Kindesunterhalt
Rz. 23
Der Kindesunterhalt berechnet sich beim nichtehelichen Kind genauso wie beim ehelichen. Der Bedarf von Kindern richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle (DT). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Fall 1 (siehe § 1 Rdn 1 ff.) verwiesen.
Rz. 24
M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2.700 EUR. Es kommt deshalb grundsätzlich die Einkommensgruppe 3 (2.301 – 2.700 EUR) zur Anwendung. Es sind 2 Unterhaltsberechtigte vorhanden. Ab- oder Zuschläge sind nicht geboten, weil die DT von zwei Unterhaltsberechtigten ausgeht.
Rz. 25
Kind K ist 5 Jahre alt, es fällt also in die Altersstufe 1. Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 436 EUR. Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen. Der Unterhalt für K beträgt somit 326,50 EUR (436 – 109,50 EUR).
II. Unterhalt der nichtehelichen Kindsmutter
1. Anspruchsgrundlage
Rz. 26
Anspruchsgrundlage ist § 1615l BGB (vgl. hierzu Fall 23, siehe § 5 Rdn 1 ff.). Dieser Unterhaltsanspruch entspricht dem Betreuungsunterhaltsanspruch (§ 1570 BGB) beim ehelichen Kind (vgl. hierzu Fall 19, siehe § 4 Rdn 1 ff.).
§ 1615l Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt
(1) […]
(2) […] Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt.
Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
[…]
BGH, Beschl. v. 25.9.2019 – XII ZB 25/19 Rn 32
Denn die Ansprüche auf Betreuungsunterhalt nach § 1615l und § 1570 BGB unterscheiden sich bezogen auf die Dauer der Anspruchsberechtigung nicht voneinander (Senatsbeschluss BGHZ 198, 242 = FamRZ 2013, 1958 Rn 21).
Rz. 27
Das Kind ist hier älter als 3 Jahre. Die Kindsmutter kann deshalb nicht mehr den sog. Basisunterhalt verlangen. Der Unterhaltsanspruch ist deshalb an weitere Voraussetzungen gebunden, die nachfolgend dargestellt werden.
a) Basisunterhalt
Rz. 28
§ 1615l Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt
(1) Der Vater hat der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren. […]
(2) […] ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt.
BGH, Urt. v. 13.1.2010 – XII ZR 123/08
Nach § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB steht der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Dauer des Mutterschutzes hinaus ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater zu, wenn von ihr wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.
Nach § 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB besteht die Unterhaltspflicht für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes.
Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
Insoweit hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 1615l Abs. 2 BGB und den nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB weitgehend einander angeglichen (vgl. Urt. v. 17.6.2009 – XII ZR 102/08, FamRZ 2009, 1391, 1393 zum nachehelichen Betreuungsunterhalt sowie BT-Drucks 16/6980 S. 8 ff.).
Mit der Einführung des Basisunterhalts bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres hat der Gesetzgeber dem betreuenden Elternteil die freie Entscheidung eingeräumt, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren in vollem Umfang selbst betreuen oder andere Betreuungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen will (Urteile vom 17.6.2009 – XII ZR 102/08, FamRZ 2009, 1391, 1393 m.w.N. und vom 13.4.2005 – XII ZR 273/02, FamRZ 2005, 1154, 1156 f.).
Rz. 29
Es besteht keine Erwerbsobliegenheit.
BGH, Urt. v. 17.6.2009 – XII ZR 102/08
Ein während der ersten drei Lebensjahre des Kindes erzieltes Einkommen ist stets überobligatorisch und der betreuende Elternteil kann die bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Entscheidet er sich allerdings dafür, das Kind auf andere Weise betreuen zu lassen, und erzielt er eigene Einkünfte, ist das überobligatorisch erzielte Einkommen nach den Umständen...