Rz. 456

Die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG beträgt 1,3. Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG bestimmt, dass der Rechtsanwalt die Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information erhält. Die Entstehung der Verfahrensgebühr ist abhängig von der Auftragserteilung des Mandanten. Sie bedarf eines unbedingten Auftrags zur Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens, vgl. Abs. 1 S. 1 der Vorbem. 3 VV RVG, aber auch unbedingter Auftrag, eine ohne Beteiligung des Gerichts erzielte Einigung, wie z.B. eine Scheidungsfolgenvereinbarung protokollieren zu lassen ist als unbedingter Verfahrensauftrag zu werten. Die Verfahrensgebühr entsteht in erster Instanz in Höhe von 1,3 für den Antragsteller z.B. mit Einreichung eines Antrags, für den Antragsgegner mit Einreichung eines Schriftsatzes, der einen Sachantrag oder Sachvortrag enthält.

 

Rz. 457

Gebühren, die auf eine Verfahrensgebühr für ein nachfolgendes Verfahren anzurechnen sind, sind nur anzurechnen, soweit der Gegenstand der gerichtlichen und außergerichtlichen Tätigkeit identisch ist. Hier können sich aufgrund zeitlicher Änderungen Unterschiede im Wert ergeben.

 

Rz. 458

Muster 45: Musterrechnung 5.45: Außergerichtliche Vertretung – Scheidungsverfahren – unterschiedliche Gegenstände

 

Musterrechnung 5.45: Außergerichtliche Vertretung – Scheidungsverfahren – unterschiedliche Gegenstände

RA Hummel berät und vertritt seine Mandantin außergerichtlich hinsichtlich folgender Gegenstände:

Scheidung/Trennung (Wert: 24.000,00 EUR), Unterhalt (Wert: 4.800,00 EUR),

Zugewinnausgleich (Wert: 17.500,00 EUR).

6 Monate nach der außergerichtlichen Vertretung wird Scheidungsantrag gestellt. Anhängig werden das Scheidungsverfahren mit einem Wert i.H.v. 32.000,00 EUR und der Versorgungsausgleich mit einem Wert i.H.v. 3.200,00 EUR. Im Termin ergeht ein Scheidungsbeschluss. Der Versorgungsausgleich wurde durchgeführt. Über die anderen Gegenstände erfolgte keine gerichtliche Tätigkeit.

Wertberechnung – Außergerichtliche Vertretung:

 
Scheidung/Trennung Wert, § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 43 FamGKG 24.000,00 EUR
Unterhalt Wert, § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 51 Abs. 1 FamGKG 4.800,00 EUR
Zugewinnausgleich Wert, § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 35 FamGKG 17.500,00 EUR
Summe 46.300,00 EUR

Wertberechnung – Vertretung im gerichtlichen Verfahren:

 
Scheidung Wert, § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 43 FamGKG 32.000,00 EUR
Versorgungsausgleich Wert, § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 50 Abs. 1 FamGKG 3.200,00 EUR
Summe 35.200,00 EUR

1. Abrechnung der außergerichtlichen Vertretung:

 

Gegenstandswert: 46.300,00 EUR

1,3 Geschäftsgebühr

Nr. 2300 VV RVG
1.662,70 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 1.682,70 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 319,71 EUR
Summe 2.002,41 EUR

2. Abrechnung der Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren mit Anrechnung:

 

Gegenstandswert: 35.200,00 EUR

1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG
1.452,10 EUR

abzüglich 0,65 Geschäftsgebühr aus Wert 24.000,00 EUR

(Wert Scheidung zum Zeitpunkt der außergerichtlichen Tätigkeit) ./.
568,10 EUR
Zwischensumme 884,00 EUR
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 1.340,40 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 2.244,40 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 426,44 EUR
Summe 2.670,84 EUR
Gesamtbetrag außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit 4.673,25 EUR
 

Hinweis

Ob außergerichtlich Ehe- und mögliche Folgesachen gebührenrechtlich als dieselbe (= eine) Angelegenheit abzurechnen sind, ist teilweise strittig, vgl. hierzu Rdn 5 u. 11 ff. in diesem Kapitel.

Beispiel hier: Schreiben an den getrennt lebenden Ehegatten, dass und wie Trennung nun vollzogen werden soll sowie außergerichtliche Tätigkeit wegen Unterhalt und Zugewinn.

Wie anzurechnen wäre, wenn mehrere außergerichtliche Angelegenheiten anzunehmen sind, siehe Rdn 206.

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