Rz. 197
Wie die Anrechnung der Geschäftsgebühr vorzunehmen ist, wenn wegen Vertretung mehrerer Personen, die Auftraggeber sind und Nr. 1008 VV RVG zur Anwendung kommt, war bis zum 31.7.2013 umstritten. Fraglich war, ob die sogenannte "Regelgebühr" entsprechend der Anm. zu Nr. 2300 u. 2301 VV RVG nach Nr. 1008 VV RVG zu erhöhen ist, wenn der Rechtsanwalt mehrere Auftraggeber vertritt, mit der Folge, dass diese nach Nr. 1008 VV RVG erhöhte Geschäftsgebühr max. mit einem Gebührensatz von 0,75 anzurechnen ist.
Rz. 198
Die Anmerkung zu Nr. 1008 VV RVG wurde zum 1.8.2013 mit Inkrafttreten des 2. KostRMoG um einen Abs. 4 ergänzt, der wie folgt lautet:
Zitat
"Im Fall der Anmerkung zu den Gebühren 2300 und 2302 erhöht sich der Gebührensatz oder Betrag dieser Gebühren entsprechend."
Rz. 199
Der Gesetzgeber hat diese Ergänzung wie folgt begründet:
Zitat
"In der Literatur wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass die Erhöhung der Geschäfts- oder Verfahrensgebühr bei mehreren Auftraggebern nicht die Kappungsgrenze erfasst (vgl. Gerold/Schmidt, 19. Aufl., Nr. 1008 VV RVG, Rn 236). Daher soll nunmehr ausdrücklich klargestellt werden, dass sich auch die – nunmehr als modifizierte Gebühr vorgeschlagene – Kappungsgrenze entsprechend erhöht, wenn der Anwalt für mehrere Auftraggeber tätig ist. Ohne die Erhöhung der Kappungsgrenze ginge die Erhöhung nach Nummer 1008 VV RVG häufig ins Leere."
Mangels einer ausdrücklichen Regelung dürfte sich damit auch eine andere Streitfrage klären, nämlich die Frage, ob sich die Höchstgrenze für die Anrechnung (Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG) bei mehreren Auftraggebern erhöht. Da hierfür keine entsprechende Regelung in das Gesetz eingefügt werden soll, wird klar, dass sich dieser Betrag nicht erhöhen soll. Sinn der Höchstgrenze ist es, ein Mehr an Umfang und Schwierigkeit der außergerichtlichen Tätigkeit auch nach einer Anrechnung angemessen zu entgelten. Erhöht man die Anrechnungsgrenze auch bei mehreren Auftraggebern, würde dem Anwalt durch die Anrechnung gerade die für die Mehrarbeit zusätzlich angefallene Gebühr wieder entzogen.“
Rz. 200
Mit Ergänzung der Anmerkung zu Nr. 1008 VV RVG wurde nunmehr klargestellt, dass sich die sogenannte "Regelgebühr" bei Auftraggebermehrheit nach Nr. 1008 VV RVG satzmäßig erhöht mit der Folge, dass eine Anrechnung dieser erhöhten Geschäftsgebühr zur Hälfte, jedoch max. bis zu einem Gebührensatz von 0,75 zu erfolgen hat.
Zu beachten ist dabei, dass eine Erhöhung bei Vertretung von mehreren Auftraggebern bei Berechnung von Wertgebühren voraussetzt, dass der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit für diese mehreren Auftraggeber derselbe ist, Abs. 1 der Anm. zu Nr. 1008 VV RVG. In familienrechtlichen Mandaten kommt diese eher selten zur Anwendung. Interessant ist sie vor allem jedoch, wenn im Rahmen der Beratungshilfe mehrere Auftraggeber (z.B. Mutter und Kind/er wg. Unterhaltsansprüchen) vertreten werden; hier erfolgt die Erhöhung für jeden weiteren Auftraggeber mit 30 %, maximal um das Doppelte der zu erhöhenden Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV RVG, da es sich um eine Festgebühr handelt.