Rz. 330
Kommt es in einem Sorgerechtsverfahren zu einer Einigung auch über das nicht rechtshängige Umgangsrecht, kann die Einigungsgebühr aus dem addierten Wert entstehen.
Rz. 331
Das OLG Nürnberg vertritt die Auffassung, dass in einem Verfahren wegen der elterlichen Sorge, in dem auch eine Umgangsregelung getroffen wird, aufgrund der erforderlichen Billigung durch das Gericht auch das Umgangsrecht, sofern nicht bereits rechtshängig, damit anhängig wird:
Zitat
"1. Wird in einem Verfahren zur elterlichen Sorge auch eine vom Gericht gebilligte Umgangsregelung getroffen, so ist ein Verfahrenswert aus der Summe der Verfahrensgegenstände Umgang und elterliche Sorge festzusetzen, weil die Billigung eine Sachprüfung, mithin ein Verfahren, voraussetzt und einer Entscheidung zum Umgang gleichsteht (im Anschluss an BGH NJW 2020, 687 = FamRZ 2019, 1616 Rn 20). Ein überschießender Vergleichswert ist deshalb nicht festzusetzen."
2. Wird in einem Verfahren zur elterlichen Sorge ein Wechselmodell mit konkreten Betreuungszeiten vereinbart, so ist dies bei der Festsetzung des Verfahrenswerts einer in dem Verfahren erfolgten Umgangsregelung gleichzustellen.“
Rz. 332
Das OLG Nürnberg stützt sich dabei auf die Entscheidung des BGH aus 2019, nach der eine Umgangsregelung gem. § 156 Abs. 2 FamFG der anschließenden familiengerichtlichen Billigung durch Beschluss bedarf. Das AG Neustadt a. d. Aisch setzte zunächst den Verfahrenswert auf EUR 4.500 gem. § 45 Abs. 3 FamGKG fest. Die Erhöhung des Werts begründete es damit, dass zum einen zwei Termine und die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen waren, sowie eine Zwischenvereinbarung zwischen den Beteiligten geschlossen worden war. Gegen diese Wertfestsetzung legte der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin im eigenen Namen gem. § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 59 Abs. 1 FamGKG Beschwerde ein und begehrte eine zusätzliche Wertfestsetzung, hier, als überschießenden Vergleichswert weitere EUR 3.000 festzusetzen. Das OLG Nürnberg setzte den Wert sodann auf EUR 7.500 einheitlich fest, bildete hierbei jedoch keinen überschießenden Vergleichsmehrwert, sondern ging davon aus, dass aufgrund der notwendigen Billigung des Vergleichs durch das Gericht auch das Umgangsrecht anhängig geworden war, sodass es diesbezüglich keinen Vergleichsmehrwert gab. Die Werte von Sorgerecht und Umgangsreicht seien vielmehr gem. § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG zu addieren.
Rz. 333
Da das Umgangsverfahren auch von Amts wegen eingeleitet werden kann, ohne dass ein entsprechender Antrag gestellt werden muss, kann man der Auffassung des OLG Nürnberg durchaus folgen, zumal das Gericht hier wegen des Umgangs eine entsprechende Sachprüfung nach § 156 Abs. 2 FamFG vornehmen musste. Durch die gerichtliche Billigung wurde auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung (die ebenfalls von Amts wegen ergehen kann) gem. § 156 Abs. 2 FamFG vermieden. Eine Absage erteilte das OLG Nürnberg der Auffassung der Vorinstanz, bei dem im vorliegenden Fall geregelten nicht paritätischen Wechselmodell handele es sich gar nicht um eine Umgangsvereinbarung, sodass in der Folge dafür auch kein Wert festzusetzen sei. Das OLG Nürnberg führte vielmehr aus, dass der BGH die Regelung eines (dort paritätischen) Wechselmodells in einem Verfahren der elterlichen Sorge nicht ausgeschlossen hätte. In dieser Entscheidung hatte der BGH ausgeführt, dass das Gesetz keine Beschränkung des Umgangsrechts dahingehend enthalte, dass vom Gericht angeordnete Umgangskontakte nicht zu hälftigen Betreuungsanteilen der Eltern führen dürften. Zu Recht weist das OLG Nürnberg darauf hin, dass bei der Festsetzung des Verfahrenswerts bedacht werden müsse, dass es sich bei jeder Umgangsregelung auch um eine Frage der tatsächlichen Ausübung der elterlichen Sorge handele, da jede Umgangsregelung in die Ausübung des Sorgerechts eingreife. Eine Trennung, wann gesonderte Umgangsregelungen mit eigener Bewertung getroffen werden, wenn im Rahmen des Wechselmodells der Aufenthalt des Kindes bei beiden Elternteilen geregelt wird, ließe sich verfahrenswerttechnisch nicht mehr abgrenzen. Teilen die Eltern sich somit die Betreuungszeiten untereinander auf, kommt dies nach Ansicht des OLG Nürnberg einer Umgangsregelung gleich. Hier ist also daher auch ein entsprechender Wert anzusetzen. Da der Umgang abschließend geregelt worden war, setzte das OLG Nürnberg auch den kompletten Wert (seinerzeit noch 3.000,00 EUR, seit dem 1.1.2021 4.000,00 EUR) an. Im Falle einer nicht abschließenden Vereinbarung wäre allenfalls der Wert einer einstweiligen Anordnung (= hälftiger Hauptsachewert) festgesetzt worden. Für die Abrechnung ergibt sich daher in derartigen Fällen bei Ansatz der Regel-Verfahrenswerte mit jeweils 4.000,00 EUR folgende Abrechnung:
Rz. 334
Muster 33: Musterrechnung 5.33: Sorgerecht – Abschluss durch gerichtlich gebilligten Vergleich – Umgangsrecht
Musterrechnung 5.33: Sorgerecht – Abschluss durch gerichtlich gebilligten Vergleich – Umgangsrecht