Rz. 563

In der Rechtsprechung ist strittig, ob durch die Wortwahl "mündliche Verhandlung" in Abs. 1 Nr. 1 d. Anm. zu Nr. 104 VV RVG der Anfall einer Terminsgebühr in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgeschlossen ist, insbesondere in Kindschaftsverfahren nach § 155 Abs. 1 FamFG, die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne einen Erörterungstermin gem. § 155 Abs. 2 FamFG durch einen schriftlichen Vergleich bzw. einen gem. § 156 Abs. 2 FamFG gerichtlich gebilligten Vergleich beendet werden. § 32 Abs. 1 S. 1 FamFG regelt, dass das Gericht die Sache mit den Beteiligten in einem Termin erörtern kann, wobei die Anordnung des Termins im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts steht.[365] Da es sich hier um eine Kann-Vorschrift handelt, wird vom OLG Düsseldorf[366] die Auffassung vertreten, dass bei einer Entscheidung ohne Erörterungstermin die Terminsgebühr nicht entstehen kann. § 155 Abs. 2 S. 1 FamFG hingegen regelt, dass das Gericht in Verfahren nach § 155 Abs. 1 FamFG, somit in Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen sowie in Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung mit den Beteiligten in einem Termin die Sach- und Rechtslage erörtern kann. Dabei soll der Termin spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens gem. § 155 Abs. 2 S. 2 FamFG stattfinden. Da es sich somit um eine Erörterung, die gesetzlich vorgeschrieben ist, handelt, käme grundsätzlich die Anwendung des Abs. 1 Nr. 1 d. Anm. zu Nr. 3104 VV RVG in Betracht. Dabei werden jedoch von den Gerichten unterschiedliche Auffassungen dahingehend vertreten, ob eine Terminsgebühr zuzusprechen ist, da es sich eben nicht um eine "mündliche Verhandlung" handelt. Nach meiner persönlichen Auffassung ist selbstverständlich der Erörterungstermin einer mündlichen Verhandlung im gebührenrechtlichen Sinne gleichzusetzen, dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass in Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV RVG bei den gerichtlichen Terminen nicht mehr, wie noch bis zum 31.7.2013, die unterschiedlichen Termine wie Erörterungs-, Verhandlungs- und Beweisaufnahmetermin angesprochen sind. Der Gesetzgeber wollte ja gerade die Terminsgebühr eines Termins jeglicher Art anfallen lassen, einzige Ausnahme: der Termin zur Verkündung einer Entscheidung (siehe dazu Vorbem. 3 Abs. 3 S. 2 VV RVG).

 

Rz. 564

Bedauerlicherweise haben einige Gerichte in der Vergangenheit entschieden, dass eine Terminsgebühr nach Abs. 1 Nr. 1 d. Anm. zu Nr. 3104 VV RVG ausschließlich in Verfahren entstehen kann, in denen eine mündliche Verhandlung i.S.d. ZPO vorgeschrieben ist, sodass damit Entscheidungen ohne Termin in FamFG-Verfahren ausgeschlossen wären.[367]

 

Rz. 565

Nach anderer – m.E. richtiger – Auffassung kann die Terminsgebühr auch in FamFG-Verfahren nach Abs. 1 d. Anm. zu Nr. 3104 VV RVG entstehen, wenn ohne Erörterungstermin eine Entscheidung des Gerichts getroffen wird, oder das Verfahren durch Abschluss einer Einigung i.S.d. Nr. 1000 VV RVG beendet wird.[368]

 

Rz. 566

Zitat

"Das Verfahren auf Antrag des betreuenden Elternteils auf Übertragung der Alleinsorge bei Getrenntleben der Eltern nach § 1671 Abs. 1 BGB stellt zwar eine die elterliche Sorge betreffende Kindschaftssache gem. § 151 Nr. 1 FamFG dar, jedoch nicht eine den Aufenthalt des Kindes betreffende Kindschaftssache i.S.d. §§ 155 Abs. 1 FamFG (Abweichung von OLG Stuttgart NJW 2010, 3524), so dass in diesem Verfahren nicht zwingend ein Erörterungstermin nach § 155 Abs. 2 S. 1 FamFG durchzuführen ist. Es kann deshalb dahinstehen, ob eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Nr. 1 VV RVG auch in Verfahren entstehen kann, in denen eine Erörterung nach dem FamFG vorgeschrieben ist."[369]

 

Rz. 567

Das OLG Düsseldorf[370] legt die Erforderlichkeit eines Erörterungstermins gem. § 155 Abs. 2 FamFG jedoch sehr streng aus, wobei dies m.E. verfahrensrechtlich auch nicht zu beanstanden ist, wenngleich es damit zu dem – unerfreulichen – Ergebnis kommt, dass in solchen Verfahren dann aber auch eine Terminsgebühr nach Abs. 1 Nr. 1 d. Anm. zu Nr. 3104 VV RVG ausscheidet. Im vorliegenden Fall war von der betreuenden Kindesmutter der Antrag auf Übertragung der Alleinsorge bei getrenntlebenden Eltern gem. § 1671 Abs. 1 BGB gestellt worden, somit ein Antrag gem. § 151 Nr. 1 FamFG und nicht ein solcher, der den Aufenthalt des Kindes i.S.d. § 155 Abs. 1 und 2 FamFG betrifft.

Zitat

"1. § 155 Abs. 2 S. 1 FamFG schreibt für den Regelfall die Durchführung eines Erörterungstermins in den in Absatz 1 genannten Verfahren vor. Wird im Einverständnis mit den Beteiligten ohne Termin entschieden, so entsteht gem. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG gleichwohl eine Terminsgebühr."

2. Beantragt ein Elternteil gem. § 1671 BGB die Übertragung der gesamten elterlichen Sorge auf sich allein, so kann die Terminsgebühr nicht mit der Begründung versagt werden, es liege keiner der in § 155 Abs. 1 FamFG genannten Verfahrensgegenstände vor.“[371]

 

Rz. 568

Führen Anwälte eine Besprechung i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG, kann die Terminsgeb...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?