Rz. 720

 

Hinweis

Zur Feststellungswirkung § 3 Rdn 108 ff.; zum falschen Gegner/Beklagten und Zustellungsbevollmächtigten Rdn 836 ff.

 

Rz. 721

Die Feststellungsklage[733] hemmt die Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB); und zwar auch bei Anrufung eines unzuständigen Gerichtes[734] oder bei problematischem Feststellungsinteresse,[735] selbst bei unschlüssiger Klage[736] (auch Rdn 842 ff.).

 

Rz. 722

Der Umfang der Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB wird grundsätzlich durch den Streitgegenstand der Klage bzw. des im Mahnverfahren geltend gemachten Begehrens bestimmt. Erfasst werden alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des Rechtsschutzbegehrens aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen.[737] Bei Schadensersatzansprüchen erstreckt sich die Hemmung nicht auf andere, nicht eingeklagte Schadensfolgen.

 

Rz. 723

Der unbezifferte Schmerzensgeld-[738] oder Feststellungsantrag führt zur Hemmung der Verjährung im Ganzen.

 

Rz. 724

Nicht ausreichend ist, dass der Geschädigte die Abweisung einer gegen ihn erhobenen negativen Feststellungsklage oder -widerklage beantragt[739] (Rdn 717).

 

Rz. 725

Eine nur auf die "Feststellung, Ansprüche aus einem bestimmten Haftpflichtgeschehen seien nicht verjährt", gerichtete Klage hemmt nicht die Verjährung.[740]

[733] Zur Zulässigkeit und Begründung einer Feststellungsklage siehe u.a.: OLG Düsseldorf v. 16.8.1994 – 4 U 151/93 – r+s 1995, 40 (Feststellungsinteresse fehlt, wenn Leistungsklage möglich ist. Dieses gilt zunächst auch bei Inanspruchnahme einer Versicherungsgesellschaft. Anderes kann im Rahmen der Kaskoversicherung [Sachverständigenverfahren nach § 14 AKB a.F.] gelten.); dazu ergänzend Wussow, WI 1995, 95, 119 m.w.N.; OLG Hamm v. 11.3.1993 – 24 U 213/92 – VersR 1994, 193 (Unzulässigkeit mangels Feststellungsinteresse u.a. dann, wenn Verjährungsaspekte nicht in Rede stehen); OLG Köln v. 22.6.1994 – 2 U 169/93 – SP 1994, 411; OLG Köln v. 24.11.1993 – 11 U 133/93 – zfs 1994, 78.
[734] BGH v. 1.2.1990 – IX ZR 188/89 – MDR 1990, 712 = NJW 1990, 1368 (Geht ein Mahnbescheidsantrag, der an das zuständige Gericht gerichtet war, bei einem unzuständigen Gericht ein, das ihn weiterleitet, ist er zur Verjährungsunterbrechung geeignet); BGH v. 20.12.1973 – III 154/71 – MDR 1974, 388; LG Krefeld v. 2.5.2006 – 5 O 233/05 – BeckRS 2007, 01461 = ZMR 2007, 72. Musielak/Voit-Heinrich, 20. Aufl. 2023, § 1 ZPO Rn 26. Siehe auch LG Darmstadt v. 27.6.2 –14 - 14 O 292/13 – NZV 2015, 503 (Die zweijährige Ausschlussfrist des Art. 35 MÜ wird nicht durch eine Klage zum unzuständigen Gericht gehemmt).
[735] BGH v. 11.5.1993 – VI ZR 243/92 – DAR 1993, 292 = NJW 1993, 2382 = NZV 1993, 346 = VersR 1993, 899 (Ausreichend für das Feststellungsinteresse ist eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Eintritts künftiger Schäden aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis); BGH v. 13.6.1967 – VI ZR 12/66 – VersR 1967, 903.
[736] BGH v. 2.3.1979 – I ZR 29/77 – GRUR 1979, 568 = VersR 1979, 764 = WM 1979, 786.
[737] BGH v. 13.6.2023 – XI ZR 464/21 – BeckRS 2023, 17814 = DB 2023, 2109 = MDR 2023, 1047 = NJW 2023, 2714 = WM 2023, 1415 = ZIP 2023, 1679 (Die Reichweite der Hemmungswirkung von Rechtsverfolgungsmaßnahmen gemäß § 204 Abs. 1 BGB beurteilt sich – ebenso wie die materielle Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO – nicht nach dem einzelnen materiell-rechtlichen Anspruch, sondern nach dem den Streitgegenstand bildenden prozessualen Anspruch. Dieser erfasst alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen des Rechtsschutzbegehrens aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen.).
[738] BGH v. 13.5.1974 – III ZR 35/72 – DB 1974, 1569 = MDR 1974, 1000 = NJW 1974, 1551 = VersR 1974, 1018 (Unterbrechung für Schmerzensgeldanspruch insgesamt).
[739] BGH v. 8.6.1978 – VII ZR 54/76 – BauR 1978, 488 = BGHZ 72, 23 = MDR 1978, 830 = NJW 1978, 1975; BGH v. 7.12.1976 – VI ZR 7/75 – BGHZ 67, 372 = MDR 1977, 385 = NJW 1977, 532 = VersR 1977, 282 = VRS 52, 172; BGH v. 21.3.1972 – VI ZR 110/71 – MDR 1972, 592 = NJW 1972, 1043 = VersR 1972, 644. Zu den Anforderungen an die negative Feststellungsklage siehe BGH v. 2.3.1993 – VI ZR 74/92 – NJW 1993, 1716 = NZV 1993, 265 = VersR 1993, 857 = VRS 85, 278.
[740] OLG Hamburg v. 19.5.2000 – 14 U 243/99 – BeckRS 2000, 30112785 = OLG Report 2000, 441.

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