Rz. 321
Ob ein Anspruch letztlich noch durchgesetzt werden kann, wird neben der Länge der Verjährungsfrist entscheidend durch deren Beginn bestimmt. Kurze Fristen, anknüpfend an subjektiven Faktoren (z.B. Kenntnis von den anspruchsbegründenden Fakten), können letztlich zeitlich später zur Rechtsbeeinträchtigung führen als lange Fristen, die nur an objektiven Kriterien (wie beispielsweise dem Tag des Schadensereignisses oder der Übergabe einer Sache) anknüpfen, ohne dass gleichzeitig der Gläubiger um seine gegen eine bestimmte Person gerichteten Forderungen weiß. Das seit 1.1.2002 geltende Recht legt einen § 852 Abs. 1 BGB a.F. nachgebildeten einheitlichen Verjährungsbeginn fest.
1. Beginn
Rz. 322
§ 199 BGB – Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen
(1) |
Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
1. |
der Anspruch entstanden ist und |
2. |
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. |
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(2) |
Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an. |
(3) |
1Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
1. |
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und |
2. |
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an. 2Maßgeblich ist die früher endende Frist. |
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(3a) |
Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an. |
(4) |
Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 10 Jahren von ihrer Entstehung an. |
(5) |
Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung. |
Rz. 323
§ 199 BGB regelt den Beginn der Verjährungsfrist nur für Ansprüche, die der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) unterliegen.
Rz. 324
Ist für Ansprüche außerhalb von § 195 BGB eine Verjährungsfrist von drei Jahren spezialgesetzlich ausdrücklich bestimmt, richtet sich der Verjährungsbeginn nicht nach § 199 BGB (§ 199 Abs. 1 BGB), sondern wie bei allen anderen nicht-regelmäßigen Fristen nach § 200 BGB, solange die Spezialregelung keinen eigenständigen Inhalt hat (Rdn 345).
a) Jahresultimo
Rz. 325
Nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. begann die Verjährungsfrist mit positiver Kenntnis des Verletzten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen und endete exakt 36 Monate ab dem auf die Kenntnisnahme folgenden Tag (§§ 187 ff. BGB), spätestens aber 30 Jahre ab dem Unfalltag. Der Fristbeginn ist seit dem 1.1.2002 auf das Jahresende verschoben.
Rz. 326
Endet die Verjährung am 31.12. des Jahres, gilt § 193 BGB. Für Verjährungsverzichte gelten allerdings Besonderheiten (Rdn 307 ff.).
Rz. 327
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres (Jahresultimo), in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger des Anspruches von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangte oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis hätte erlangen können (§ 199 Abs. 1 BGB).
Rz. 328
Nach § 197 Abs. 2 BGB verjähren rechtskräftig festgestellte bzw. adäquat anerkannte Ansprüche auf künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen in drei Jahren ab Jahresultimo (§ 199 Abs. 1 BGB).
b) § 199 BGB
Rz. 329
Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, wenn (kumulativ)
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der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und |
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der Gläubiger (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB)
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Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder |
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diese Kenntnis ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. |
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aa) Entstehung
Rz. 330
Entstanden ist der Schaden, wenn durch die Verletzungshandlung eine Verschlechterung der Vermögenslage des Verletzten eintritt, ohne dass dabei bereits feststehen muss, dass der Schaden bestehen bleibt und damit endgültig ist. Das bloße Risiko eines Vermögensnachteiles reicht nicht aus.
Rz. 331
Die Verjährung beginnt nicht vor Entstehung des Schadens. Der Vermögensschaden muss bereits eingetreten sein, die bloße Gefährdung reicht nicht aus.
Rz. 332
Entstehung me...