Rz. 527

 

§ 212 BGB – Neubeginn der Verjährung

(1)

Die Verjährung beginnt erneut, wenn

1. der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder
2. eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.
(2) Der erneute Beginn der Verjährung infolge einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn die Vollstreckungshandlung auf Antrag des Gläubigers oder wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird.
(3) Der erneute Beginn der Verjährung durch den Antrag auf Vornahme einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn dem Antrag nicht stattgegeben oder der Antrag vor der Vollstreckungshandlung zurückgenommen oder die erwirkte Vollstreckungshandlung nach Absatz 2 aufgehoben wird.
 

Rz. 528

Eine Unterbrechung der Verjährung trat nach dem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht ein durch

Anerkenntnis des Leistungsverpflichteten (§ 208 BGB a.F.) oder

Geltendmachung des Schuldners (§§ 209, 210 BGB a.F.), u.a.

durch Klageerhebung (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.),
Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren (§ 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F.),
Prozessaufrechnung (§ 209 Abs. 2 Nr. 3 BGB a.F.),
Streitverkündung in dem Prozess, von dessen Ausgang der Anspruch abhängt (§ 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F.).
 

Rz. 529

Die unterbrechenden Handlungen sind mit der Gesetzesreform seit dem 1.1.2002 auf ein geringes Maß zurückgeführt. Etliche Umstände, die nach zuvor geltendem Recht die Verjährung unterbrachen und damit zum Neubeginn der Verjährung führten, haben seither nur noch hemmende Wirkung. Zur Unterbrechung der Verjährung führen seit der Novellierung nur noch

das Anerkenntnis des Leistungsverpflichteten (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB),
die Vollstreckungshandlung des Gläubigers (§ 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB).
 

Rz. 530

Die Unterbrechungstatbestände gelten für das Stammrecht. Von diesem Stammanspruch zu unterscheiden sind dagegen die Ansprüche auf Rückstände von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen.[517]

[517] BGH v. 30.5.2000 – VI ZR 300/99 – BB 2000, 1843 = DAR 2000, 476 = MDR 2000, 1192 = NJW-RR 2000, 1412 = r+s 2000, 417 = VersR 2000, 1116 (Von diesem Stammanspruch zu unterscheiden sind dagegen die Ansprüche auf Rückstände von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen. Für solche Einzelansprüche gilt die 4-jährige Verjährungsfrist gemäß § 197 BGB a.F. – und zwar ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund).

1. Anerkenntnis (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB)

 

Rz. 531

 

Hinweis

Ergänzend Rdn 888 ff.

a) Anerkenntnis

 

Rz. 532

Die Verjährung wird (wie schon zuvor in § 208 BGB a.F.) nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB unterbrochen, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt. Die zu § 208 BGB a.F. ergangene Rechtsprechung gilt fort.

 

Rz. 533

An das Vorliegen eines verjährungsunterbrechenden Anerkenntnisses i.S.v. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB sind geringere Anforderungen zu stellen als an ein deklaratorisches oder gar ein konstitutives Anerkenntnis: Ein die Verjährung nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB unterbrechendes Anerkenntnis ist jedes (auch tatsächliche) Verhalten des Schuldners, aus dem sich unzweifelhaft das Bewusstsein des Verpflichteten ergibt, dass der Anspruch dem Grunde nach besteht.[518]

 

Rz. 534

Die als Anerkenntnis zu wertenden Äußerungen des Schadenersatzschuldners sind i.d.R. nur deklaratorisch (bestätigend),[519] so dass es bei der dreijährigen Frist verbleibt. Bei konstitutivem (schuldbegründendem) Anerkenntnis beträgt die Frist 30 Jahre (Rdn 894 ff.).

[518] BAG v. 18.3.1997 – 9 AZR 130/96 – BB 1997, 2224 = DB 1997, 2543 = NJW 1997, 3461 = NZA 1997, 1232; BGH v. 20.6.2002 – IX ZR 444/00 – NJW 2002, 2872 = VersR 2003, 251; BGH v. 8.7.1999 – III ZR 159/97 – BauR 2001, 461 = BGHZ 142, 172 = NJW 1999, 3332 = VersR 2001, 113 = WM 1999, 620 (Auch ein Vergleichsangebot kann u.U. ausreichen, sofern sich aus ihm ergibt, dass der Anspruch auch für den Fall, dass der Vergleich nicht zustande kommt, nicht bestritten werden soll); BGH v. 22.1.1974 – VI ZR 26/73 – VersR 1974, 571; BGH v. 17.3.1970 – VI ZR 148/68 – NJW 1970, 1119 = VersR 1970, 549; BGH v. 5.12.1967 – VI ZR 99/66 – VersR 1968, 277; OLG Hamm v. 4.12.1997 – 6 U 118/97 – r+s 1998, 107 (Vorschuss unter Rückforderungsvorbehalt reicht nicht, wenn zur Haftung noch keine endgültige Erklärung abgegeben wird). Zur Frage, ob durch vorbehaltlose Zahlungen ein deklaratorisches Anerkenntnis der Haftung dem Grunde abgegeben wird, siehe (dieses bejahend) Wussow, WI 1995, 113 f. m.w.N.
[519] Siehe BGH v. 6.3.1990 – VI ZR 44/89 – DAR 1990, 226 = MDR 1990, 809 = NJW-RR 1990, 664 = VersR 1990, 755 = zfs 1990, 28; OLG Karlsruhe v. 10.3.2000 – 10 U 271/99 – VersR 2001, 1175; OLG Saarbrücken v. 14.11.2006 – 4 U 227–06 – 68 – SP 2007, 392.

b) Zahlungen

 

Rz. 535

Erfüllt der Schädiger Einzelansprüche des Geschädigten, liegt darin eine Leistung auf den Gesamtanspruch, durch die auch dessen Verjährung unterbrochen (§ 208 BGB a.F.) bzw. neu begonnen wird (§ 212 BGB).[520] ...

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