Rz. 986

 

Hinweis

Zum Zeitpunkt der Schadenentstehung bei Fehlern von Anwälten und Steuerberatern Schultz VersR 1994, 142 und Späth VersR 1994, 790; zur Verjährung bei Fehlern des Rechtsanwaltes im Zusammenhang mit der Führung von Prozessen Wussow, WI 1995, 117 f. (Anm. zu BGH v. 7.2.1995 – X ZR 32/93).

 

Rz. 987

Beim Schadenersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt kommt es für den Verjährungsbeginn grundsätzlich auf die Entstehung des Schadens an.[1003] Entscheidend ist daher, ob sich die Vermögenslage im Vergleich zum früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert hat,[1004] ohne dass bereits feststehen muss, dass der Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird.[1005] Diese Voraussetzung ist vielfach bereits mit der Vornahme der pflichtwidrigen Handlung erfüllt, lange bevor die nachteilige Entscheidung ergeht und der Schaden für den Mandanten erkennbar wird.

 

Rz. 988

Unterlässt es der Anwalt, bei einem Zwischenvergleich (Vorbehaltsabfindung) eine vertragliche Ersetzung eines Feststellungsurteils oder einen Verjährungsverzicht zu verlangen, liegt hierin noch nicht die pflichtwidrige Handlung: Der Anwalt kann seine Handakten auf Frist legen, um rechtzeitig vor Ablauf der Dreijahresfrist entweder ein Anerkenntnis oder einen Verjährungsverzicht zu fordern oder aber notfalls noch Feststellungsklage (dann u.U. mit der Kostenfolge des § 93 ZPO [Anerkenntnis unter Protest gegen die Kosten]) zu erheben. Die Pflichtwidrigkeit liegt im Verstreichenlassen dieser Frist.[1006] Die Verjährung des gegen den Anwalt gerichteten Schadenersatzanspruchs aus Beratungsverschulden beginnt also drei Jahre nach dem Abfindungsvergleich.[1007]

 

Rz. 989

Die Übertragung der Regeln über die Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität grober Behandlungsfehler eines Arztes auf die Haftung der Rechtsanwälte und Steuerberater erfolgt nicht, so dass in Fällen einer groben Pflichtverletzung allenfalls ein Anscheinsbeweis in Betracht kommt.[1008]

[1003] BGH v. 20.1.1982 – IVa ZR 314/80 – BGHZ 83, 17 = MDR 1982, 467 = NJW 1982, 1285 = VersR 1982, 468 = WM 1982, 367; BGH v. 1.3.1977 – VI ZR 263/74 – MDR 1977, 657 = VersR 1977, 619.
[1004] BGH v. 9.12.1999 – IX ZR 129/99 – AnwBl 2000, 761 = BB 2000, 378 = DB 2000, 1660 = MDR 2000, 481 = NJW 2000, 1263 = VersR 2001, 330 = WM 2000, 959.
[1006] OLG Nürnberg v. 14.6.2000 – 12 U 1159/00 – BeckRS 2000, 16984 = BRAK-Mitt 2000, 239. A.A. OLG Hamm v. 16.6.1998 – 28 U 237/97 – BRAK-Mitt 1999, 116 = MDR 1999, 388 = r+s 1999, 107 = VersR 1999, 1495 (Pflicht besteht nur bei Weiterbearbeitung des Mandates, nicht dagegen, wenn der Anwalt mit der Vorbehaltsabfindung die Sache abschließt). Vgl. BGH v. 2.7.1996 – IX ZR 19/96 – NJW 1996, 2797 = VersR 1997, 357.
[1007] A.A. OLG Hamm v. 16.6.1998 – 28 U 237/97 – BRAK-Mitt 1999, 116 = MDR 1999, 388 = r+s 1999, 107 = VersR 1999, 1495 (Für die Beendigung des Mandates und damit den Beginn der Verjährung ist entscheidend, ob der Anwalt selbst seinen Auftrag als erfüllt ansieht); OLG Nürnberg v. 14.6.2000 – 12 U 1159/00 – BeckRS 2000, 16984 = BRAK-Mitt. 2000, 238 (Bei einem Vergleich unter Vorbehalt künftiger Schäden endet das ursprüngliche Mandat mit Zahlung des Abfindungsbetrages und der Gebührenabrechnung. Die Verjährung des Haftpflichtanspruches tritt somit nach § 51b Alt. 2 BRAO in drei Jahren ab diesem Zeitpunkt ein.).
[1008] BGH v. 9.1.2020 – IX ZR 61/19 – AnwBl 2020, 236 = BeckRS 2020, 682 = DB 2020, 446 = MDR 2020, 314 = NJW 2020, 1139 = WM 2020, 551; BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 73/93 – BB 1993, 2328 = BGHZ 123, 311 = DB 1993, 2373 = JR 1994, 463 = MDR 1994, 211 = NJW 1993, 3259 = VersR 1994, 189 = WM 1994, 78. MüKo/BGB-Ernst, 9. Aufl. 2022, § 280 BGB Rn 153 m.w.N.

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