Rz. 234
§ 202 BGB – Unzulässigkeit von Vereinbarungen über die Verjährung
(1) |
Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. |
(2) |
Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden. |
1. Fristenlauf
Rz. 235
Der Zeitpunkt des Fristbeginns, die Fristdauer (und damit ihr Ende) sowie deren Ablauf hemmende oder unterbrechende Umstände bestimmen die Verjährung. Zur Unverjährbarkeit Rdn 149 ff.
Rz. 236
Die Novellierung zum 1.1.2002 behielt die zuvor geltende gesetzliche Systematik bei. Das Verjährungsrecht berücksichtigt den Ablauf einer Verjährungsfrist beeinflussende Umstände und Ereignisse durch
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Hemmung (Nichteinrechnung bestimmter Zeiten in die Verjährungsfrist; §§ 203–209 BGB), |
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Ablaufhemmung (Verjährungsfrist läuft frühestens eine bestimmte Zeit nach Wegfall von Gründen ab, die der Geltendmachung des Anspruchs entgegenstehen; §§ 210, 211 BGB) oder |
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Unterbrechung der Verjährung (Neubeginn der Verjährung; § 212 BGB). |
Rz. 237
Hemmung und Unterbrechung schließen sich nicht wechselseitig aus. Die Verjährung eines Anspruches kann nacheinander mehrfach gehemmt und/oder unterbrochen werden. Auch kann die Verjährung gleichzeitig gehemmt und unterbrochen sein.
Rz. 238
Die Länge und das Ende der gesetzlichen Verjährungsfristen entspricht nicht immer den Interessen der Parteien. Das frühere Recht berücksichtigte gewillkürte Veränderungen des Fristablaufes nur unzureichend: § 225 BGB a.F. erlaubte Vereinbarungen zur Erleichterung der Verjährung, verbot aber ihren Ausschluss oder ihre Erschwerung durch Rechtsgeschäft. Ausnahmen waren nur im Kaufrecht (§ 477 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.) und Werkrecht zugelassen (§ 638 Abs. 2 BGB a.F.). Die Praxis insbesondere der Schadensregulierung hatte sich hier bislang der Umwege über § 242 BGB durch mittelbare Erschwerung der Verjährung (vor allem durch den Verzicht auf die Verjährungseinrede) bedienen müssen.
Rz. 239
Fällt der Fristablauf auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, endet die privatrechtlich vereinbarte Frist mit dem vereinbarten Termin und nicht erst am nächsten Werktag. § 193 BGB gilt nicht entsprechend für den Ablauf von Verjährungsfristen. Siehe ergänzend Rdn 307 ff. und § 3 Rdn 305.
2. Verjährungsverzicht
Rz. 240
a) Allgemeines
Rz. 241
Verjährungsverzichtserklärungen gehören zum "unverzichtbaren Handwerkszeug eines jeden Juristen". Diese Erklärungen sind gerade aus der Personenschadenregulierung nicht wegzudenken – nicht zuletzt, um bei komplexen Rechtslagen, Warten auf anderweitige Entscheidungen (wie solcher von Drittleistungsträgern) und/oder zur Sachverhaltsbeurteilung (u.a. wirtschaftliche, gesundheitliche Entwicklung) benötigten Zeit eine gerichtliche Auseinandersetzung (u.U. mit dort dann erforderlichen Verfahrensaussetzungen; § 148 ZPO, § 108 SGB VII) zu vermeiden und die Angelegenheit außergerichtlich (z.B. durch Vergleich) einvernehmlich abzuschließen.
aa) Aktivlegitimation
Rz. 242
Hinweis
Zu unbefugten Gesprächsteilnehmern, falschen Beklagten und Zustellungsbevollmächtigten Rdn 836 ff.
Rz. 243
Ein Verjährungseinredeverzicht des Schädigers wird i.d.R. nur für den Fall erklärt, dass der Anspruchsteller (noch) forderungsberechtigt ist. Ist der Anspruchsteller (z.B. aufgrund einer cessio legis in Folge der Regulierung des Schadens durch einen Versicherer) nicht (mehr) forderungsberechtigt, greift die Einrede der Verjährung trotz erklärten Verzichts durch, auch wenn der Anspruchsteller später wieder forderungsberechtigt wird.