Rz. 888
Beim "Schuldanerkenntnis" (im sprachlichen Sinne) sind drei rechtliche Ausprägungen zu unterscheiden:
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Deklaratorisches (schuldbestätigendes) Anerkenntnis (Rdn 889 ff.); |
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konstitutives (schuldbegründendes) Anerkenntnis (Rdn 894 ff.); |
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tatsächliches (nicht rechtsgeschäftliches) Anerkenntnis, das lediglich dazu dient, dem Gläubiger den Beweis zu erleichtern und ihm über die Erfüllungsbereitschaft des Schuldners zu informieren. |
1. Deklaratorisches Anerkenntnis
Rz. 889
Ein deklaratorisches (kausales, schuldbestätigendes) Anerkenntnis unterbricht die laufende Verjährungsfrist.
Rz. 890
Ein solches Anerkenntnis begründet keine vom Schuldgrund losgelöste Verpflichtung, sondern will das vermeintlich vorhandene Schuldverhältnis – insgesamt oder in einzelnen Punkten – lediglich bestätigen und dem Streit der Parteien oder einer Ungewissheit entziehen.
Rz. 891
Das deklaratorische Anerkenntnis bedarf keiner Form.
Rz. 892
Auch wenn das deklaratorische Anerkenntnis ein Vertrag ist, gilt nicht die 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB, sondern die jeweils anzuwendende kürzere Verjährungsfrist. Ein Vergleich, der ein schuldbestätigendes Anerkenntnis enthält, hat keine schuldumschaffende Wirkung, sondern nur deklaratorischen Charakter, welcher an der Verjährungsfrist von drei Jahren dem Grunde nach nichts ändert.
Rz. 893
Das deklaratorische Anerkenntnis bewirkt, dass dem Schadenersatzpflichtigen aus dem Grundverhältnis alle (tatsächlichen und rechtlichen) Einwendungen und Einreden abgeschnitten werden, die er bei Abgabe seiner Erklärung kannte oder mit denen er rechnen musste. Es ist ihm aber nicht verwehrt, sich darauf zu berufen, dass eine Schuld überhaupt entstanden ist.
2. Konstitutives Anerkenntnis
Rz. 894
Das konstitutive (schuldbegründende) Anerkenntnis (§ 781 BGB) schafft einen neuen, vom Unfallereignis unabhängigen neuen und selbstständigen Schuldgrund. Es ersetzt ein Urteil.
Rz. 895
Die Angabe eines nur allgemein bezeichneten Schuldgrundes schließt zwar die Annahme eines selbstständigen Schuldanerkenntnisses nicht aus. Im Zweifel kann aber nicht von einem abstrakten Schuldanerkenntnis ausgegangen werden, wenn auf den Schuldgrund ausdrücklich hingewiesen wird.
Rz. 896
Ein Ersatzverpflichteter will ohne weiteres kein konstitutives Anerkenntnis abgeben. Seine Erklärung ist vielmehr – jedenfalls ohne konkrete deutlich anderslautende Anhaltspunkte – allenfalls als deklaratorisches Anerkenntnis zu werten. Auch die vertragliche Ersetzung eines Urteiles (z.B. in Form eines außergerichtlichen Vergleiches) bedeutet nicht die Schaffung eines eigenständigen Schuldgrundes. Ein konstitutives Anerkenntnis ist in der Praxis unüblich und daher die seltene Ausnahme (die bereits von daher vom sich hierauf Berufenden zu beweisen ist).
Rz. 897
Der Abschluss eines Vergleiches hat regelmäßig keine schuldumschaffende Wirkung. Auch wird durch einen Vergleich die für den ursprünglichen Anspruch maßgebende Verjährungsfrist nicht geändert. Durch einen Vergleich wird das ursprüngliche Schuldverhältnis nicht etwa in der Weise umgestaltet, dass die alte Forderung untergeht und eine neue Forderung an ihre Stelle tritt. Vielmehr besteht grundsätzlich das alte Rechtsverhältnis unverändert fort, sofern von den Parteien nicht erklärtermaßen etwas anderes vereinbart wurde. Ein abweichender Parteiwille könnte dann anzunehmen sein, wenn zur Zeit des Vergleichsabschlusses der Anspruch einer Partei bereits verjährt war; dann kann sich aus den Umständen der übereinstimmende Wille der Parteien ergeben, das Vertragsverhältnis neu zu regeln und durch Erfüllung neuer Verpflichtungen einvernehmlich zu beenden.
Rz. 898
Das konstitutive Anerkenntnis bedarf im Gegensatz zum deklaratorischen der Schriftform.
Rz. 899
Die laufende Anerkennung von Forderungen auf Erstattung der Aufwendungen für ein Unfallopfer kann insoweit konstitutiv wirken, als sie den Anspruch des Gläubigers auf Ersatz zukünftiger Schäden von der Verjährungseinrede des Schuldners befreit.