Leitsatz (amtlich)

Teilt die dem Grunde nach einstandspflichtige gesetzliche Haftpflichtversicherung dem Geschädigten nach vorangegangener Korrespondenz, die auch das Verlangen nach Vorlage von Urkunden und Belegen zum Zwecke der Überprüfung der vom Geschädigten geltend gemachten Schadenspositionen zum Gegenstand hatte, mit sie hinsichtlich einzeln aufgeführter Positionen diesen jeweils zugeordnete Beträge zahlen werde, handelt es sich bei dieser Mitteilung um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis und nicht lediglich um eine ohne Rechtbindungswillen abgegebene unverbindliche Mitteilung.

 

Normenkette

BGB §§ 241, 311, 781

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-4 O 419/07)

 

Gründe

Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Berufung keine Aussicht auf Erfolg erkennen lässt, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

Das Vorbringen in der Berufungsbegründung zeigt weder einen Rechtsfehler der angefochtenen Entscheidung des LG auf, noch sind Anhaltspunkte für eine fehler- oder lückenhafte Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erkennbar (§ 529 ZPO).

Die Klägerin macht gegen die Beklagte, die Haftpflichtversicherung ihres einen Verkehrsunfall verursachenden Versicherungsnehmers, Schadensersatzansprüche geltend. Dabei handelt es sich um mehrere Schadensersatzpositionen, u.a. um Schmerzensgeld und Verdienstausfall. Im Rahmen einer Korrespondenz der Beklagten mit den Prozessbevollmächtigten der Klägerin verlangte die Beklagte die Vorlage diverser Unterlagen zur Prüfung der Schadensersatzanspruchsberechtigung der Klägerin. Nach Vorlage dieser Unterlagen übersandte die Beklagte an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter dem 20.8.2007 ein Schreiben, in dem sie mitteilte "wir zahlen heute an Sie:" Es folgt eine Auflistung verschiedener von der Klägerin geltend gemachter Schadenspositionen, denen jeweils Zahlungsbeträge zugeordnet und diese anschließend summiert wurden. Anschließend ist aufgeführt: "Diesen Betrag haben wir überwiesen". Hinsichtlich weiterer Schadensersatzpositionen wird um die Vorlage weiterer Unterlagen ersucht. Das Schreiben ging den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21.8.2007 zu.

Mit Schreiben vom 21.8.2007, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 22.8.2007 zugegangen, teilte die Beklagte mit, dass sie nur hinsichtlich zweier der im vorangegangenen Schreiben aufgeführter Schadensersatzpositionen Zahlungen leisten werde und bittet die Klägerin darum, das vorangegangene Schreiben als gegenstandslos zu betrachten.

Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihre Schadensersatzansprüche unter Berufung auf das Schreiben der Beklagten vom 20.8.2007, das sie als deklaratorisches Schuldanerkenntnis wertet, weiter.

Das LG hat die Beklagte dem Klageantrag entsprechend zur Zahlung verurteilt.

Das LG hat mit Recht und zutreffender Begründung einen Anspruch der Klägerin aus einem kausalen Schuldanerkenntnisvertrag (§§ 311, 241 BGB i.V.m. §§ 7 StVG, 823, 253 BGB, 3 PflVG) in Höhe der Klageforderung angenommen.

1. Das vertraglich bestätigende (deklaratorische) Schuldanerkenntnis ist als ein im BGB nicht geregelter Vertragstyp neben dem sog. konstitutiven Schuldanerkenntnis i.S.d. § 781 BGB und einem Anerkenntnis, das keinen rechtsgeschäftlichen Willen verkörpert, allgemein anerkannt (BGHZ 66, 250; WM 1976. 689; Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl. 2008, § 781 Rz. 3).

Während das nicht rechtsgeschäftliche Anerkenntnis lediglich dem Zweck dient, dem Gläubiger Erfüllungsbereitschaft mitzuteilen oder ihm den Beweis zu erleichtern und daher (allenfalls) eine Umkehr der Beweislast bewirkt, soll bei einem konstitutiven Schuldanerkenntnis gem. § 781 BGB eine vom bestehenden Schuldgrund unabhängige neue selbständige Verpflichtung geschaffen werden (BGH WM 1976, 689). Demgegenüber hebt das bestätigende (deklaratorische) Schuldanerkenntnis den in Frage stehenden Anspruch nicht auf eine neue Anspruchsgrundlage, sondern verstärkt diesen Anspruch unter Beibehaltung des Anspruchsgrundes dadurch, dass dieser insgesamt - oder zumindest in bestimmten Beziehungen - dem Streit oder der Ungewissheit entzogen und (insoweit) endgültig festgelegt wird. Zugleich wird beim bestätigenden Schuldanerkenntnis regelmäßig die Verwirklichung der Forderung von möglicherweise bestehenden Einwendungen oder Einreden befreit (BGH NJW 1963, 2316; RuS 1984, 67). Hat der Schuldner eine Schuld anerkannt, ist ausgehend vom Wortlaut der Erklärung durch Auslegung zu ermitteln, welche Wirkungen von diesem Anerkenntnis ausgehen und welche Reichweite dieses hat. Bei der Ermittlung des zum Ausdruck gebrachten Parteiwillens ist auf den erkennbar mit dem Anerkenntnis verfolgten Zweck, die beiderseitige Interessenlage im konkreten Fall und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung ein...

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