Rz. 37

Innerhalb von 15 Monaten muss die Invalidität beim VR geltend gemacht worden sein. Es handelt sich bei dieser Frist um eine Ausschlussfrist,[45] so dass dem VN grundsätzlich eine Exkulpation möglich ist.[46] Viele VR bieten längere Fristen als 15 Monate an.

[45] Grimm, Ziff. 2 Rn 13 m.w.N.
[46] BGH v. 24.3.1982 – IVa ZR 2/80, VersR 1982, 567.

aa) Geltendmachung beim Versicherer

 

Rz. 38

Die Geltendmachung des Invaliditätsanspruchs beim VR ist eine Willenserklärung,[47] die der Schriftform bedarf, Ziff. 17.1 AUB 99, § 13 AUB 94/88, § 18 AUB 61. Die AUB 08 regeln kein grundsätzliches Schriftformerfordernis mehr. Somit ist die Geltendmachung der Invalidität zwar grundsätzlich formfrei möglich, wobei dies aber nicht über das Schriftformerfordernis für die ärztliche Feststellung hinweghilft. Ratsam ist auch bei Vereinbarung der AUB 08 eine schriftliche Anmeldung des Invaliditätsanspruches, z.B. verbunden mit der Zusendung der ärztlichen Feststellung eines Dauerschadens an den VR.

 

Rz. 39

Als Willenserklärung wird die Geltendmachung der Invalidität erst mit Zugang beim VR wirksam, § 130 BGB. Hierfür trägt der VN die Beweislast. Es muss bei der Geltendmachung einer Invaliditätsleistung der Eintritt der unfallbedingten Invalidität behauptet und ein Zahlungsanspruch angemeldet werden. Es genügt, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der VN eine Invaliditätsleistung beansprucht.[48] Zur Sicherheit ist aber eine deutliche Formulierung des Leistungsbegehrens als Invaliditätsanspruch anzuraten.

 

Beispiel

Ausreichend:

Formlose ärztliche Feststellung mit dem Hinweis "Ich mache eine Invaliditätsleistung geltend."
Der VN fordert telefonisch unter Benennung von verbliebenen Beschwerden einen Vordruck zur Geltendmachung einer Invalidität des VR an. Vom Arzt ausgefüllt schickt der VN kommentarlos den Vordruck an den VR zurück. Hier liegt für den VR das Begehren des VN auf der Hand.

Nicht ausreichend:

Kommentarlose Zusendung einer Bescheinigung über einen Krankenhausaufenthalt – ein Jahr nach dem Unfall – an den VR.
Der Satz "Ich mache Invaliditätsansprüche geltend" auf der Schadenanzeige. Hier fehlt regelmäßig alleine schon wegen des Zeitpunkts kurz nach dem Unfall die Möglichkeit, die Invalidität (Jahresfrist) konkret benennen zu können. Eine Ausnahme bilden irreparable Gesundheitsschäden wie Amputationen mit Knochenbeteiligung, Ganzkörperverbrennungen 3°[49] oder Querschnittslähmungen.[50]
 

Rz. 40

Kommt der VR der Hinweispflicht des § 186 VVG n.F. nach, dann ist der VN über die Voraussetzungen einer Invaliditätsleistung informiert. Es bleibt abzuwarten, ob deshalb von Seite des VR nun gesteigerte Anforderungen an die Deutlichkeit der Geltendmachung gestellt werden. Aus § 186 VVG n.F. ist aber nicht zu entnehmen, dass mit der Information an den VN auch erhöhte Anforderungen an die Geltendmachung der Invalidität gestellt werden können.

[47] OLG Hamm v. 16.9.1992 – 20 U 138/92, VersR 1993, 300.
[50] OLG Frankfurt v. 21.2.1995 – 14 U 57/94, VersR 1996, 618.

bb) Exkulpation

 

Rz. 41

Im Gegensatz zum Fristerfordernis hinsichtlich der ärztlichen Feststellung einer Invalidität kann sich der VN exkulpieren, wenn er die Frist zur Geltendmachung des Invaliditätsanspruchs unverschuldet versäumt hat. Den Beweis des fehlenden Verschuldens hat der VN zu erbringen. Außerdem hat er unverzüglich nach Wegfall des Entschuldigungsgrunds die Geltendmachung nachzuholen.[51]

 

Beispiel

Kein Entschuldigungsgrund

schlichtes Vergessen[52]
Arzt füllt das zur ärztlichen Feststellung nötige Attest nicht aus[53]

Entschuldigungsgrund

Gedächtnisverlust[54]
Längere Geschäftsunfähigkeit des VN[55]
[51] BGH v. 5.7.1995 – IV ZR 43/94, VersR 1995, 1179 = r+s 1995, 397.
[53] OLG Koblenz 27.8.1999 – 10 U 1848/98, NVersZ 2000, 174.
[55] BGH v. 13.3.2002 – IV ZR 40/01, NVersR 2002, 309, 310.

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