Rz. 50
Sind an der Abwicklung mehrere Vorerben und mehrere Nacherben beteiligt, sind die Grundsätze der Gesamtschuld zu beachten: Bei mehreren Nacherben können Vorerben nur an alle gemeinschaftlich leisten, aber jeder Nacherbe kann Leistung an alle verlangen. Die erbrachte Leistung geht in das Gesamthandsvermögen der Mitnacherbengemeinschaft über.
Rz. 51
Tritt der Nacherbfall – wie in aller Regel – mit dem Tod des Vorerben ein, treten die Erben des Vorerben an seine Stelle. Sie machen die Rechte des Vorerben nach Eintritt des Nacherbfalls gemeinschaftlich geltend.
a) Herausgabeanspruch
Rz. 52
Mit Eintritt des Nacherbfalls haben Nacherben einen Anspruch auf Herausgabe der gesamten Erbschaft – einschließlich hinzugetretener Surrogate – gegen den Vorerben bzw. dessen Nachfolger (§ 2130 BGB). Herauszugeben ist die Erbschaft in dem Zustand, der bei Annahme fortgesetzter ordnungsgemäßer Verwaltung vorläge. Bei Verstoß gegen diesen Grundsatz macht sich der Vorerbe schadensersatzpflichtig. Seine Haftung ist dabei jedoch auf diejenige Sorgfalt beschränkt, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§§ 2131, 277 BGB). Die Herausgabe einzelner Nachlassgegenstände von Dritten können die Nacherben gem. §§ 985, 894 BGB fordern.
Hinweis
Ist der Vorerbe von dem Erfordernis der ordnungsgemäßen Verwaltung befreit, haben die Nacherben nur einen Anspruch auf den Überrest.
Rz. 53
Können die Vorerben Ersatzansprüche aus dem Nachlass bestreiten (z.B. Verwendungsersatz nach §§ 2124, 2125 BGB oder für gezogene Früchte nach § 596a BGB), steht ihnen ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 2 BGB zu.
b) Rechenschaftspflicht
Rz. 54
Nichtbefreite Vorerben bzw. deren Rechtsnachfolger sind verpflichtet Rechenschaft abzulegen (§§ 2130 Abs. 2, 259 BGB). Die Verpflichtung entfällt bei einer Befreiung durch den Erblasser. Befreite Vorerben schulden lediglich ein Bestandsverzeichnis (§§ 2130 Abs. 1, 260 BGB). Auch das Bestandsverzeichnis hat Auskunft über den Bestand der Erbschaft bei Eintritt des Erbfalls und des Nacherbfalls zu geben, wobei sämtliche Surrogate einzubeziehen sind. Im Gegensatz zur Rechenschaftslegung nach § 259 BGB ist keine Auskunft über die Verwaltung des Nachlasses für die Dauer der Vorerbschaft durch geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben sowie vorhandene Belege zu erteilen.
c) Kosten der Verwaltung
Rz. 55
Die Kosten der Verwaltung während der Zeit der Vorerbschaft verteilen sich wie folgt:
Mitvorerben müssen die gewöhnlichen Erhaltungskosten tragen, selbst wenn sie den Wert des Nachlasses übersteigen (§ 2124 Abs. 1 BGB). Darunter fallen alle Kosten, die nach rechtlichen und wirtschaftlichen Umständen des Nachlasses regelmäßig aufgewendet werden müssen, um das Vermögen tatsächlich und rechtlich zu erhalten. Zum Beispiel müssen die Mitvorerben die Kosten für Renovierungsarbeiten aufgrund von normalem Verschleiß in Mietwohnungen aus eigenen Mitteln tragen.
Außergewöhnliche Erhaltungskosten und Lasten können hingegen aus dem Nachlass bestritten werden (§§ 2124 Abs. 2 S. 1, 2126 BGB). Es sind diejenigen Kosten, die zwar notwendig sind, aber über das Maß der gewöhnlichen Kosten hinaus reichen. Es handelt sich vor allem um Maßnahmen mit langfristig wertsteigernder Wirkung wie z.B. die Erneuerung eines Daches, der Hausfassade oder der Heizungsanlage.
Verauslagt ein Mitvorerbe Eigenmittel, schulden die Nacherben bei Eintritt des Nacherbfalls Ersatz, § 2124 Abs. 2 S. 2 BGB.
Alle weiteren Kosten unterstehen den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677 ff. BGB (§ 2125 Abs. 1 BGB).
d) Schadens- und Wertersatz
Rz. 56
Hat der nichtbefreite Vorerbe Erbschaftsgegenstände für sich verwendet, so ist er zum Wertersatz gem. § 2134 S. 1 BGB verpflichtet. Zum Schadensersatz verpflichtet ist er, wenn er das geschuldete Sorgfaltsmaß unterschritten hat (§ 2134 S. 2 BGB). Der Wertersatzanspruch für eine übermäßige Fruchtziehung ergibt sich aus § 2133 BGB.
Der vollständig befreite Vorerbe ist nur zum Schadensersatz bei Verstoß gegen § 2113 Abs. 2 BGB und Minderung der Erbschaft mit Benachteiligungsabsicht nach § 2138 Abs. 2 BGB verpflichtet.
e) Wegnahmerecht
Rz. 57
Die Vorerben sind zur Wegnahme eingebrachter Einrichtungen berechtigt, § 2125 Abs. 2 BGB.