aa) Ordnungsgemäße Verwaltung
Rz. 32
Während der Zeit der Vorerbschaft sind die Vorerben verpflichtet, den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten (arg. ex. § 2130 Abs. 1 S. 1 BGB).
Ordnungsgemäße Verwaltung erfordert die Erhaltung des Nachlasses nach seiner Wertsubstanz, nicht nach den konkreten Gegenständen. Die Vorerben müssen bei Maßnahmen nicht nur die Interessen der Miterben nach billigem Ermessen, sondern darüber hinaus die Erbschaftsinteressen der Nacherben stets hinreichend berücksichtigen. Vgl. zu dem Begriff der ordnungsgemäßen Verwaltung auch § 4 Rdn 69.
Rz. 33
Mehrere Mitvorerben entscheiden über Maßnahmen im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung durch Mehrheitsentscheidung (§§ 2038 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 745 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Mitvorerben sind verpflichtet, an den für eine ordentliche Verwaltung notwendigen Maßnahmen mitzuwirken (§ 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB). Die Mitwirkungspflicht besteht dabei nur unter den Mitvorerben.
Rz. 34
Die Mitwirkungspflicht wirkt nicht gegenüber Dritten. Zur dauerhaften Wirksamkeit der Maßnahmen im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung kann die Mitwirkung von Nacherben erforderlich sein. Da Nacherben bis zum Eintritt des Nacherbfalls "Dritte" sind, können die Vorerben von ihnen keine Mitwirkung aus § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB verlangen. Diese Lücke schließt § 2120 BGB, wonach die Nacherben zur Mitwirkung verpflichtet sind, wenn die Maßnahme der ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht.
Rz. 35
Das Erfordernis der ordnungsgemäßen Verwaltung entfällt, wenn der Erblasser den Vorerben von seiner Verpflichtung befreit hat (§§ 2130, 2136 BGB).
bb) Verpflichtungen zur Sicherung der Nacherben im Überblick
Rz. 36
Vorerben unterliegen während der Zeit der Vorerbschaft diversen Verpflichtungen zur Sicherung des oder der Nacherben. Vor Eintritt des Nacherbfalls sind Vorerben auf Verlangen eines Nacherben verpflichtet
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gewisse Arten von Wertpapieren zu hinterlegen oder Sperrvermerke zu dulden (§§ 2116–2118 BGB) |
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Geld mündelsicher anzulegen (§ 2119 BGB) |
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ein Inventar zu errichten und den Zustand der Erbschaft feststellen zu lassen (§§ 2121 f. BGB) |
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bei einer Gefährdung der Nacherbenrechte dem Nacherben Auskunft zu erteilen (§ 2127 BGB) |
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im äußersten Fall Sicherheiten zu leisten (§ 2128 BGB) |
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einen Wirtschaftsplan zu erstellen, wenn Wald, ein Bergwerk oder andere zur Gewinnung von Bodenbestandteilen errichtete Anlagen im Nachlass sind (§ 2123 BGB) und |
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der werdenden Mutter eines Nacherben Unterhalt zu zahlen (§§ 2141, 1963 BGB). |
Rz. 37
Auch von diesen Verpflichtungen kann der Erblasser einen oder alle Vorerben weit reichend befreien (§ 2136 BGB). Zwingend und durch den Erblasser nicht abdingbar sind die Pflichten zur Vorlage eines Inventars (§ 2121 BGB) und zur Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 2122 BGB).
Hinweis
Mögen diese Verpflichtungen für die Vorerben zwar zunächst belastend wirken, können sie ihnen auch Schutz bieten. Zum Beispiel wird der Vorerbe durch die Erstellung eines Verzeichnisses nach § 2121 BGB oder die Zustandsfeststellung nach § 2122 BGB vor unbegründeten Ersatzansprüchen der Nacherben geschützt.
Rz. 38
Bei einer Mehrheit von Vorerben sind diese gesamtschuldnerisch verpflichtet. Im Einzelnen:
Für die Sicherungsrechte nach §§ 2116 bis 2119, 2128 BGB sind die Vorerben als Gesamtschuldner verpflichtet, da ihnen die Verwaltung des Nachlasses gemeinschaftlich zusteht, §§ 2038 Abs. 1, 2058 BGB. Liegt eine ungünstige Vermögenslage i.S.v. § 2128 BGB nur hinsichtlich eines Mitvorerben vor, kann die Sicherheitsleistung auch von diesem isoliert verlangt werden.
Für die Auskunftsansprüche nach §§ 2121, 2127 BGB sind die Vorerben ebenfalls Gesamtschuldner. Da es sich bei der Auskunft nicht um eine Nachlassverbindlichkeit handelt, folgt dies aus § 421 BGB. Für den Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB gehen Stimmen in der Literatur davon aus, dass für den Fall, dass ein Miterbe ein privatschriftliches Verzeichnis im Auftrag der anderen Miterben mangelhaft erstellt, die Miterben nicht gesamtschuldnerisch haften. Durch die Erstellung des mangelhaften Verzeichnisses trete keine Erfüllungswirkung für die verbleibenden Miterben ein. Jeder Miterbe schulde vielmehr seine eigene Auskunft. Dies sei erforderlich, damit Mängel des Verzeichnisses allen Miterben zurechenbar sind, sodass alle auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung in Anspruch genommen werden können. Dem ist jedoch zu widersprechen und eine Einschränkung der gesamtschuldnerischen Haftung bei Auskunftsansprüchen nicht vorzunehmen.
Rz. 39
Die gesamtschuldnerische Haftung wird dem Anspruch der Nacherben besser gerecht. Zwar ist die Auskunftserteilung eine höchstpersönliche Wissenserklärung, weshalb man von einer teilbaren Leistung im Sinne von § 420 BGB ausgehen könnte. Jeder Vorerbe würde danach nur eine entsprechende Teilleistung schulden. Die Nacherben müssten wiederum alle V...