Rz. 100
Den Erben eine leichtere Abwicklung ermöglichen kann nur der Erblasser selbst, durch eine ausdifferenzierte Anordnung der Vor- und Nacherbschaft.
I. Nacherbentestamentsvollstreckung, § 2222 BGB
Rz. 101
Um die Bestellung eines Pflegers und die betreuungsgerichtliche Genehmigung für unbekannte und minderjährige Nacherben entbehrlich zu machen, empfiehlt sich die Anordnung eines Testamentsvollstreckers für die Nacherben gem. § 2222 BGB. Der Nacherbentestamentsvollstrecker nimmt die Rechte und Pflichten der Nacherben bis zum Eintritt des Nacherbfalls war. Anders als für den allgemeinen Testamentsvollstrecker, leiten sich seine Rechte und Pflichten aus der Stellung des Nacherben ab. Seine Rechte ergeben sich daher im Wesentlichen aus den §§ 2116 ff. BGB. Da der Nacherbentestamentsvollstrecker aus eigenem Recht handelt, ersetzt er den für unbekannte und minderjährige Nacherben zu bestellenden Pfleger und macht eine Genehmigung durch das Betreuungsgericht entbehrlich. Sind unbekannte oder minderjährige Nacherben zur Zeit der Vorerbschaft zu erwarten, ist die Anordnung der Nacherbentestamentsvollstreckung daher stets angezeigt.
Rz. 102
Bei der Anordnung der Testamentsvollstreckung ist besonderes Augenmerk auf die gewünschte Art der Testamentsvollstreckung zu legen. Denn die Befugnisse des Testamentsvollstreckers leiten sich von dieser ab. Der Umfang hängt davon ab, ob Testamentsvollstreckung nur für die Vorerbschaft, für die Vor- und Nacherbschaft, nur für die Nacherbschaft, für die Vorerbschaft und Nacherbenvollstreckung gemäß § 2222 BGB oder aber nur für die Nacherbenvollstreckung nach § 2222 BGB angeordnet ist.
Formulierungsbeispiel: Anordnung einer Nacherbentestamentsvollstreckung im Rahmen eines gemeinschaftlichen Testaments
Der Erstversterbende von uns ernennt Herrn X zu seinem Testamentsvollstrecker mit der Aufgabe, die Rechte und Pflichten der Nacherben gegenüber dem Vorerben bis zum Eintritt des Nacherbfalles wahrzunehmen (§ 2222 BGB). Der Überlebende selbst ist als alleiniger Vorerbe nicht durch die Testamentsvollstreckung beschränkt. Kann oder will der Testamentsvollstrecker das Amt nicht übernehmen, ersucht der Erstversterbende von uns das Nachlassgericht, einen Nacherbentestamentsvollstrecker zu ernennen.
II. Auflösend bedingte Ersatznacherbfolge
Rz. 103
Der Erblasser kann die Ersatzerbfolge auflösend bedingt anordnen. Möchte der Erblasser den Eigenerwerb des Vorerben begünstigen, kann er die ausdrückliche und stillschweigende Anordnung der Ersatznacherbfolge mit Übertragung des Anwartschaftsrechts auf den Vorerben entfallen lassen. Zu Recht empfiehlt Kössinger folgende Formulierung:
Formulierungsbeispiel
Die Nacherbenanwartschaft kann an den Vorerben veräußert werden. In diesem Fall entfällt auch jede ausdrückliche oder stillschweigende Ersatznacherbeinsetzung.
Rz. 104
Eine dahingehende Auslegung des Testaments, dass im Fall der Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts auf den Vorerben die Ersatznacherbfolge entfällt, widerspricht grundsätzlich dem Willen des Erblassers. Dieser bezweckt mit der angeordneten Ersatznacherbfolge gerade das Vermögen in der Familie zu halten und eine unbeschränkte Übertragung auf Dritte zu verhindern. Das Gegenteil wäre mit dem Wegfall der Ersatznacherbfolge erreicht. Eine ausdrückliche testamentarische Verfügung ist daher sinnvoll und erforderlich.
III. Einschränkung der Nacherbfolge durch Vorausvermächtnis
Rz. 105
Einzelne Gegenstände kann der Erblasser von der Nacherbfolge durch die Zuwendung eines Vorausvermächtnisses ausschließen. Zwar ist eine "gegenständlich beschränkte Nacherbfolge" nicht möglich. Ein vergleichbares Ergebnis kann jedoch durch die Begünstigung des Vorerben mit Vorausvermächtnissen erzielt werden. Der Vorerbe kann so hinsichtlich bestimmter Gegenstände des Nachlasses vollständig befreit werden. Mit Anfall des Vermächtnisses scheidet in der Regel der im Voraus vermachte Gegenstand aus dem gebundenen Nachlass aus und geht in das freie Eigenvermögen des Vorerben über. Nacherbenrechte werden an dem Gegenstand nicht begründet (§ 2110 Abs. 2 BGB). Der Vorerbe kann so Gegenstände auf Dauer behalten. Da es sich bei § 2110 Abs. 2 BGB jedoch nur um eine Auslegungsregel handelt, ist ausdrücklich anzuordnen, dass sich die Nacherbfolge nicht auch auf das Vorausvermächtnis bezieht. So kann formuliert werden:
Formulierungsbeispiel
"Gegenständliche" Vor- und Nacherbfolge nur in Grundbesitz
Ich setze hiermit meine Ehefrau (…) zu meiner alleinigen Vorerb...