Rz. 284

Eine Sachpfändung ist hingegen in den Fällen in Erwägung zu ziehen, in denen es Anhaltspunkte über verwertbare und pfändbare Vermögensgegenstände in den Räumen des Schuldners gibt. Bereits seit dem 1.1.2013 ist ein fruchtloser Sachpfändungsversuch keine Voraussetzung mehr zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, da die neue Vermögensauskunft vorverlagert wurde.

1. Pfändung einer beweglichen Sache

 

Rz. 285

Wie bei jeder Vollstreckungsmaßnahme bedarf es zunächst eines Gläubigerauftrages. In diesem Auftrag ist die vorzunehmende Handlung zu beantragen und die einzutreibende Forderung detailliert aufzulisten nach Hauptforderung, Zinsen und Kosten. Dies geschieht i.d.R. durch Beifügung eines sogenannten Forderungskonto.

 

Rz. 286

Der Antrag ist an das zuständige Vollstreckungsorgan, dem Gerichtsvollzieher, zu stellen. Es kann jedoch nicht jeder Gerichtsvollzieher beauftragt werden, sondern nur der örtlich zuständige. Da der RA den örtlichen zuständigen Gerichtsvollzieher meist nicht kennt, wird der Sachpfändungsantrag bei der Verteilerstelle für Gerichtsvollzieheraufträge beim örtlich zuständigen Amtsgericht gestellt. Bei der Verteilerstelle handelt es sich nicht um eine eigenständige Abteilung des Amtsgerichtes, sondern vielmehr um das Büro sämtlicher Gerichtsvollzieher im zuständigen Amtsgerichtsbezirk.

 

Rz. 287

Der Gerichtsvollzieher prüft, ob alle Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen, und begibt sich bei positiver Prüfung zu den Räumlichkeiten des Schuldners, um dort die Sachpfändung durchzuführen.

 

Rz. 288

Bei der Pfändung einer beweglichen Sache nimmt der Gerichtsvollzieher dabei die entsprechende Sache, die sich im Gewahrsam des Schuldners befindet, in Besitz. Unter Gewahrsam versteht man dabei die Möglichkeit des Schuldners, unmittelbar die tatsächliche Herrschaft über die Sache ausüben zu können. Auf die Eigentumslage hingegen kommt es – mit Ausnahme von Offensichtlichkeit – nicht an und wird vom Gerichtsvollzieher auch nicht geprüft. Wird eine Sache also gepfändet, die nicht dem Schuldner gehört, kann der entsprechende Eigentümer Drittwiderspruchsklage einreichen.

 

Rz. 289

Befindet sich die zu pfändende Sache im Mit- oder Alleingewahrsam eines Dritten (z.B. Mitbewohners), so ist die Pfändung nur zulässig, wenn dieser sich zur Herausgabe der Sache bereit erklärt. Eine Herausgabeverpflichtung des Dritten wird vom Gerichtsvollzieher nicht geprüft und müsste ggf. im Wege einer Feststellungsklage festgestellt werden.

Bei Eheleuten und Lebenspartnern gibt es jedoch die Besonderheit, dass grds. der Alleingewahrsam des Vollstreckungsschuldners gem. § 739 ZPO, § 1362 BGB unterstellt wird, es sei denn, die zu pfändende Sache ist ausschließlich zum Gebrauch des anderen Ehegatten gewidmet (z.B. Pelzmantel der Ehefrau).

2. Unpfändbare Sachen und Möglichkeiten einer Austauschpfändung

 

Rz. 290

Doch nicht alle im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sachen können gepfändet werden. Der Gesetzgeber hat zum Schutz des Schuldners in § 811 ZPO unpfändbare Sachen vorgesehen. Insbesondere sind diese

die normale Wohnungseinrichtung (Schrank, Bett, Tisch, Stuhl aber eben auch Kühlschrank, Waschmaschine und Herd),
die üblichen Haushaltsgeräte,
Bekleidung (im Rahmen einer "bescheidenen Lebensführung", demnach nicht mehrere Pelzmäntel),
Radio und ein Fernseher,
Haustiere,
zur Fortsetzung der persönlichen Erwerbstätigkeit erforderliche Gegenstände (dies gilt auch für Witwen und minderjährigen Erben, wenn sie die Erwerbstätigkeit für ihre Rechnung durch einen Stellvertreter fortführen.).
 

Rz. 291

Neuwertige und besonders wertvolle der oben genannten Sachen können jedoch im Wege der sogenannten Austauschpfändung gem. § 811a ZPO durch einfachere preiswertere Gegenstände ersetzt werden.

 

Beispiel:

Der Schuldner besitzt einen großen Plasma-Fernseher im Wert von 9.000,00 EUR. Der Fernseher ist grds. unpfändbar, kann jedoch durch einen kleineren Fernseher für 200,00 EUR ersetzt werden.

 

Rz. 292

Der Austausch erfolgt Zug um Zug. Der Gläubiger muss demnach die zu überlassende Austauschsache (hier kleiner Fernseher) vor Beginn der Sachpfändung zur Verfügung stellen oder den entsprechenden Geldbetrag. Die Austauschpfändung erfolgt über den Gerichtsvollzieher und bedarf i.d.R. einer zu beantragenden Zustimmung des Vollstreckungsgerichts. Die Zustimmung wird dabei nur erteilt,

wenn die zu pfändende Sache einen hohen Wert hat und
ist auch nur bei bestimmten unpfändbaren Sachen Nr. 1, 5 und 6 des § 811 Abs. 1 ZPO zulässig Hierzu gehören alle Sachen, die den persönlichen Gebrauch oder den Haushalt dienen, sowie Sachen zur persönlichen Erwerbstätigkeit. Über § 811c Abs. 2 ZPO gilt dies bei einer Interessenabwägung auch für Haustiere.
 

Rz. 293

Der Gerichtvollzieher kann eine vorläufige Austauschpfändung gem. § 811b ZPO hingegen auch ohne Zulassungsbeschluss durchführen,

wenn eine Zulassung zu erwarten ist und
er den Gläubiger darüber informiert, dass dieser innerhalb von 2 Wochen einen entsprechenden Antrag stellt.
 

Rz. 294

 

Praxishinweis:

Würde der Plasma-Fernseher jedoch in Raten gekauft, so kann der Gläubiger, der das Gerät finanz...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge