Rz. 118
Section Control ist in Deutschland bislang nicht eingeführt; die Diskussion hierüber ist aber in vollem Gange. So hat sich insbesondere auch der 47. Deutsche Verkehrsgerichtstag 2009 im Arbeitskreis V mit Section Control beschäftigt. Niedersachsen hat ein Pilotprojekt dazu angekündigt.
Rz. 119
Diese Abschnittskontrolle beinhaltet ein automatisches Geschwindigkeitsmesssystem, das jeweils am Anfang und am Ende der überwachten Wegstrecke alle passierenden Fahrzeuge per Digitalkamera, Lichtsensoren, Blitzgerät und Laserscanner erfasst und misst. Anhand der ermittelten Zeitspanne, die das einzelne Fahrzeug für die Strecke benötigt, kann eine durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit ermittelt werden. Eine Geschwindigkeitsübertretung wird vom Auswerterechner dann festgestellt, wenn eine Zeitunterschreitung bei Zurücklegung des Überwachungsabschnitts ermittelt worden ist. Die Messung erfolgt unabhängig von der Tatsache, ob der betreffende Fahrzeugführer eine Geschwindigkeitsübertretung begangen hat oder nicht, also verdachtsunabhängig. Im Unterschied zur herkömmlichen Geschwindigkeitsmessung werden hier nicht die punktuellen Geschwindigkeitsspitzen, sondern die Durchschnittsgeschwindigkeiten auf einer entsprechend dafür vorgesehenen Strecke erfasst. Entsprechend verfassungsrechtlicher Vorgaben muss dann, wenn die errechnete Durchschnittsgeschwindigkeit im Rahmen des rechtlich Zulässigen liegt, eine sofortige Löschung sämtlicher Daten des betroffenen Kraftfahrers/Fahrzeugs erfolgen; eine Wiederherstellung der Daten muss ausgeschlossen sein.
Rz. 120
Seit 2003 kommt in Österreich Section Control zum Einsatz. Der VfGH Wien zeigte jedoch auf, dass hierzu eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage erforderlich ist, und dass diese technische Verkehrsüberwachung vor allem aus datenschutzrechtlichen Erwägungen heraus problematisch ist.
Rz. 121
Bei uns hat sich eine Einführung von Section Control vor allem auch an den o.a. Entscheidungen des BVerfG v. 11.8.2009, v. 12.8.2010 und des BVerwG v. 22.10.2014 zu orientieren und damit auch verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen. Die Erkenntnisse des VfGH Wien liegen auf dieser Linie. Auch hier geht es letztendlich um die Verwertung verdachtsunabhängig zur Verkehrsüberwachung gefertigter Videoaufzeichnungen, die einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzen (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Für diesen Grundrechtseingriff bedarf es einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Dies erfordert zunächst die Beachtung der entsprechenden Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund und Land aber auch die verhältnismäßige und normenklare Beschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Die Empfehlungen des 47. Deutschen Verkehrsgerichtstags 2009 in Arbeitskreis V bieten dazu eine verfassungsrechtlich tragfähige Grundlage.
Rz. 122
Der 47. Deutsche Verkehrsgerichtstag 2009 hat sich im Arbeitskreis V mit Section Control beschäftigt und festgestellt, "dass das geltende Recht die Einführung von Section Control nicht zulässt." (Empfehlung Arbeitskreis V des 47. VGT 2009, S. 9). Nach Einführung einer entsprechenden Rechtsgrundlage sollte allerdings in einem Bundesland ein entsprechender Modellversuch durchgeführt werden. Dabei ist dann aber "technisch sicherzustellen, dass Daten zu Fahrzeugen, mit denen die Geschwindigkeit nicht überschritten worden ist, nach Abschluss der Messung sofort automatisch und spurenlos gelöscht werden. Zugriffe auf Daten während der Messung sind auszuschließen. Der überwachte Streckenabschnitt soll mit gut sichtbarem Hinweisschild angekündigt werden."