André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
Rz. 44
In der Regel erfolgt die Bestimmung der Blutalkoholkonzentration durch eine Blutprobe.
Gem. § 81a StPO ist die Entnahme einer Blutprobe ohne die Einwilligung des Beschuldigten von einem Arzt zulässig.
Besteht z.B. der Verdacht einer Trunkenheitsfahrt gem. § 316 StGB, kann die Anordnung einer Blutentnahme erfolgen. Der betroffene Fahrer ist verpflichtet, diese Maßnahme zu dulden, eine Verpflichtung mitzuwirken besteht jedoch nicht.
Der Beschuldigte ist auch nicht verpflichtet, Fragen anlässlich der Blutentnahme zu beantworten.
Die Blutentnahme darf nur durch einen approbierten Arzt erfolgen.
Gem. § 81a Abs. 2 StPO steht die Anordnung einer Blutentnahme grundsätzlich dem Richter zu. Nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung steht auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen eine solche Anordnung zur Blutprobenentnahme zu.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die bei dem Verdacht einer Trunkenheitsfahrt durch Polizeibeamte angeordnete Blutprobe, ohne zuvor die Zustimmung eines Richters einzuholen, zulässig ist und darüber hinaus verwertet werden darf.
Rz. 45
Das BVerfG hat mit seiner Entscheidung vom 12.2.2007 unter Bezugnahme auf § 81a Abs. 2 StPO darauf hingewiesen, dass die Anordnung einer Blutprobenentnahme dem Richter vorbehalten ist. In dieser Entscheidung wies das BVerfG darauf hin, dass durch die durch Polizeibeamte angeordnete Blutprobenentnahme der sich gem. § 81a Abs. 2 StPO ergebende Richtervorbehalt verletzt sein könnte. Nur bei einer Gefährdung des Untersuchungserfolges durch die Verzögerung durch die Einholung einer richterlichen Entscheidung sei auch eine Kompetenz der Staatsanwaltschaft und ihrer Ermittlungspersonen zur Anordnung der Blutprobenentnahme gegeben.
Zunächst muss für den Beschuldigten vorab geprüft werden, ob der Beschuldigte sich eventuell mit der Blutentnahme einverstanden erklärt hat, denn wenn sich der Beschuldigte mit der Blutentnahme einverstanden erklärt hat, dann ist eine richterliche Anordnung nicht mehr erforderlich.
Weiterhin ist erforderlich, dass der Beschuldigte vor der Abgabe einer solchen Einverständniserklärung über sein Verweigerungsrecht belehrt worden ist.
Darüber hinaus muss der Beschuldigte in der Lage sein, eine solche Einwilligung abzugeben, d.h. er muss fähig sein, eine solche Einwilligung abzugeben.
Rz. 46
Bei höheren Blutalkoholwerten, z.B. über 2 ‰, dürfte die entsprechende Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten, eine solche Einwilligung abzugeben, fraglich sein.
Einige Polizeibeamte gehen dazu über, den Beschuldigten ein entsprechendes Einwilligungsformular vor Durchführung der Blutprobenentnahme unterschreiben zu lassen. Hier ist seitens der Beschuldigten Vorsicht geboten und seitens des Verteidigers muss für den Beschuldigten dessen Einwilligungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Abgabe der Einwilligung überprüft werden.
Haben die Polizeibeamten wegen der Gefährdung des Untersuchungserfolges aus Dringlichkeitsgründen die Blutentnahme angeordnet ohne die Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen, könnte hierin unter Bezugnahme auf die BVerfG-Entscheidung v. 12.2.2007 ein Beweiserhebungsverbot gegeben sein. Ob ein solches Beweiserhebungsverbot ein Beweisverwertungsverbot begründet, ist in der Rechtsprechung umstritten.
Rz. 47
Mit der Entscheidung v. 24.2.2011 hat das BVerfG zu der Frage, ob ein etwaiger Verstoß gegen den Richtervorbehalt bei der Anordnung einer Blutentnahme gem. § 81a Abs. 2 StPO ein Beweisverwertungsverbot begründet, Stellung genommen.
Das BVerfG hat entschieden, dass die Ablehnung eines Beweisverwertungsverbotes durch die Fachgerichte die Beschwerdeführer nicht in ihrem Recht auf einen effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzen. Nach gefestigter Rechtsprechung der Strafgerichte zieht ein Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften nicht zwingend ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich, so das BVerfG in der Entscheidung. Eine fehlende Dokumentation bezogen auf den Versuch, eine Richteranordnung zu erlangen, führe allein noch nicht zu einem Verwertungsverbot. Auch das Fehlen eines nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes würde allein noch kein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen.
Nach dieser Entscheidung des BVerfG verstößt die Beweisverwertung auch nicht gegen das Recht auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren. Lediglich bei schwerwiegenden grundrechtlichen Eingriffen oder aber bei einer willkürlichen Auslegung und Anwendung der strafprozessualen Vorschriften könne ein Verstoß auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren begründet sein.
Eine willkürliche, bewusste und gezielte Umgehung des Richtervorbehaltes vor einer Blutentnahme durch die Polizei führt jedoch zu einem Beweisverwertungsverbot.
Mit dem Anrufen des zuständigen Richters endet die Eilkompetenz des Polizeibeamten. Weigert sich der angerufene Richter, sich mit der Sache zu befassen, lebt die Eilkompetenz nicht wieder auf.