André Schah-Sedi, Dr. Michael Nugel
Rz. 243
Je nach Punktestand erfolgt eine Vormerkung, Ermahnung, Verwarnung oder aber die Entziehung der Fahrerlaubnis:
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Nach § 4 Abs. 4 StVG erfolgt bei einem Punktestand von 1 Punkt bis zu 3 Punkten eine sog. Vormerkung. |
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Nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 StVG erfolgt bei einem Punktestand von 4 oder 5 Punkten eine schriftliche Ermahnung. |
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Nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 StVG erfolgt bei einem Punktestand von 6 oder 7 Punkten eine schriftliche Verwarnung. |
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Bei einem Punktestand von 8 oder mehr Punkten gilt der Inhaber der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 5 Nr. 3 StVG als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen. |
Rz. 244
Die Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem stellen sich mithin wie folgt dar:
Maßnahmestufe |
Punktzahl |
Maßnahme |
Vormerkung |
1–3 |
Im Fahreignungs-Bewertungssystem wird lediglich eine Bewertung der Fahreignung vorgemerkt. Nur auf Anfrage wird dem Fahrerlaubnisinhaber die Vormerkung mitgeteilt |
Ermahnung |
4–5 |
schriftliche Ermahnung Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a StVG freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern (Abzug 1 Punkt – nur einmal in 5 Jahren) |
Verwarnung |
6–7 |
schriftliche Verwarnung Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a StVG freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern, allerdings ohne Punktabzug Unterrichtung, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird |
Entziehung |
8 oder mehr |
Inhaber der Fahrerlaubnis ist ungeeignet zum Führen von Kfz; Entziehung der Fahrerlaubnis |
Die Vormerkung nach § 4 Abs. 4 StVG stellt jedoch keine eigentliche Maßnahmestufe nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem dar.
Rz. 245
Die einzelnen Maßnahmestufen müssen nacheinander erfolgen.
Wenn ein Fahrerlaubnisinhaber 6 oder 8 Punkte erreicht oder überschritten hat, ohne dass die Fahrerlaubnisbehörde zuvor die Maßnahme nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 StVG (Ermahnung) vorgenommen hat, verringert sich der Punktestand des Fahrerlaubnisinhabers auf 5 Punkte (siehe § 4 Abs. 6 StVG).
Wenn der Fahrerlaubnisinhaber 8 Punkte erreicht hat oder aber 8 Punkte überschritten hat, ohne dass die Fahrerlaubnisbehörde eine Verwarnung nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 StVG (Verwarnung) vorgenommen hat, reduziert sich der Punktestand dieses Fahrerlaubnisinhabers auf 7 Punkte (vgl. § 4 Abs. 6 StVG).
Bei einer etwaigen Reduzierung der Punkte wegen Nichtbeachtung der Maßnahmestufen der Behörde ist aber unbedingt Folgendes zu beachten:
In § 4 Abs. 5 S. 6 StVG heißt es: "Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind."
In § 4 Abs. 6 S. 4 StVG heißt es: "Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand."
Dies bedeutet, dass nur diejenigen Zuwiderhandlungen, die auch zum Zeitpunkt des Durchführens der Maßnahme der Behörde bekannt waren, von der Maßnahme auch tatsächlich umfasst sind. Hatte der Fahrerlaubnisinhaber bereits eine andere Zuwiderhandlung begangen und war diese Tat der Behörde bei Ergreifen der Maßnahme noch nicht bekannt und wird diese Tat später der Behörde mitgeteilt, wird dadurch der Punktestand des Fahrerlaubnisinhabers erhöht, weil diese weitere Tat von der behördlichen Maßnahme ja noch nicht umfasst war.
Durch § 4 StVG ist daher das Tattagprinzip erheblich verschärft worden. Gerade wegen dieser Verschärfung ist es für den beauftragten Rechtsanwalt sehr wichtig, seinen Mandanten immer zu befragen, ob er neben den aus dem Fahreignungsregister ersichtlichen Taten noch weitere bereits begangene, aber noch nicht rechtskräftige Taten in der "Pipeline" hat und vor allem wann diese Taten begangen worden sind. Nur so kann der Rechtsanwalt seinen Mandanten seriös über die drohenden Maßnahmen nach § 4 StVG beraten.
Nach § 4 Abs. 5 Nr. 3 StVG gilt der Fahrerlaubnisinhaber bei einem Punktestand von 8 oder mehr Punkten als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Bei einer drohenden Entziehung der Fahrerlaubnis wegen eines evtl. Punktestandes von 8 Punkten muss der beauftragte Rechtsanwalt neben der Einholung eines Auszugs aus dem Fahreignungsregister auch die Akte des Mandanten von der Fahrerlaubnisbehörde anfordern bzw. einsehen. Die Fahrerlaubnisbehörde darf nämlich bei der Maßnahme nach § 4 Abs. 5 Nr. 3 StVG, also der Entziehung der Fahrerlaubnis wegen eines Punktestandes von 8 Punkten, auch die Punkte, die in der einjährigen Überliegefrist nach § 29 Abs. 6 S. 2 StVG sind, mit berücksichtigen, wenn die Behörde hiervon Kenntnis hatte. Durch die Einsichtnahme in die Akte der Fahrerlaubnisbehörde kann der beauftragte Rechtsanwalt erkennen, wann die Behörde von welchen Taten des Mandanten Kenntnis erlangt hat.
Erst wenn die Eintragung einer Tat ins Fahreignungsregister nach Ablauf der einjährigen Über...