Dr. Michael Kleine-Cosack
Leitsatz
Werbung eines Steuerberaters auf Handzetteln für eine mobile Steuerberatung in den Räumlichkeiten des Mandanten stellt keine irreführende Alleinstellungswerbung dar. Die Formulierung "… und wann kommt Ihr Steuerberater?" kann jedoch als reklamehaftes Anpreisen zu verstehen sein.
Sachverhalt
Kläger und Beklagter sind Steuerberater in F. Der Beklagte ließ im Frühjahr 2003 Handzettel verteilen, mit denen er "mobile Steuerberatung" im Hause des Mandanten anbot. Die Handzettel gaben zudem Auskunft über seine Beratungsschwerpunkte sowie über u.a. folgende Daten: Name, berufliche Niederlassung, Beratungszeiten (Montag bis Samstag 08.00 – 21.00 Uhr) Telefon, Telefax, Email, Internetseite. Auf der Rückseite der Handzettel war ein positiver Artikel der X-Zeitung über seinen Einsatz als "mobiler Steuerberater" abgedruckt.
Der Kläger ist der Auffassung, mit dem Schlagwort "Mobile Steuerberatung", insbesondere in Kombination mit dem Satz "… und wann kommt Ihr Steuerberater?", erwecke der Beklagte den Eindruck, allein er habe die Idee entwickelt und praktiziert, Mandanten zur Bearbeitung von Steuererklärungen und zur Beratung in deren Wohnungen aufzusuchen. Dies werde jedoch auch von anderen Steuerberatern so gehandhabt. Die beanstandete Werbeaussage stelle somit eine unzutreffende und damit gegen §§ 1, 3 UWG verstoßende Alleinstellungswerbung dar.
Entscheidung
Das LG wies die Klage ab, da keine irreführende Alleinstellungswerbung des Klägers vorliege. Eine Alleinstellungswerbung sei gegeben, wenn eine Werbung von einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise dahin verstanden werde, dass der Werbende allgemein oder in bestimmter Hinsicht für sich allein eine Spitzenstellung auf dem Markt in Anspruch nehme. Habe der Werbende eine solche Spitzenstellung tatsächlich nicht, so sei seine Werbung gemäß § 3 UWG irreführend und er könne daher auf Unterlassung dieser Werbung in Anspruch genommen werden.
Das LG folgte der Wertung des Klägers nicht, die unter dem Blickfang "Mobile Steuerberatung" gestellte rhetorische Frage "… und wann kommt Ihr Steuerberater?" vermittle bei einem nicht unbeachtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck, der Beklagte nehme für sich in Anspruch, der einzige Steuerberater zu sein, der sich zu seinen Mandanten begibt und sie zu Hause berät. Die beanstandete Werbung vermerkt den Umstand, dass ein "Persönliches Beratungsgespräch in Ihren Räumen" stattfindet, ausdrücklich überhaupt erst – drucktechnisch überdies nicht hervorgehoben – am Ende des Handzettels. Zuvor werden die Hausbesuche lediglich indirekt angesprochen, zunächst durch den – für sich allein nicht hinreichend präzisen – Begriff "Mobile Steuerberatung" und sodann noch durch den in Klammer gehaltenen kleingedruckten Hinweis "Beratung auf Wunsch auch in der Kanzlei". Für den Leser, der durch allerlei anderweitige Mitteilungen über den Inhalt der angebotenen Beratungen und sonstige Annehmlichkeiten im Zusammenhang mit der Beratungstätigkeit informiert wird, wird die Besonderheit, dass die Beratung in den Räumen des Mandanten stattfindet, durch die beanstandete rhetorische Frage "… und wann kommt Ihr Steuerberater?" zwar besonders hervorgehoben, sie ist aber nicht das ausschließliche Thema der Vorderseite des beanstandeten Handzettels.
Richtig ist, dass in dem auf der Rückseite des Handzettels abgedruckten Bericht der X-Zeitung vom 26.6.2002 der Umstand, dass der Beklagte zu seinen Mandanten nach Hause kommt, als besonders bemerkenswert hervorgehoben worden ist. Da der Handzettel nach dem gestellten Antrag jedoch in Bezug auf den Zeitungsartikel auf der Rückseite nicht Gegenstand des Verfahrens ist, könnte der durch den Beklagten veranlasste Abdruck schon grundsätzlich nicht zur Begründung der begehrten Unterlassung dienen. Hinzu kommt überdies, dass in dem Zeitungsbericht nicht nur berichtet wird, dass bereits in der Praxis des Steuerberaters, bei dem der Kläger früher tätig war, auf Drängen des Klägers Hausbesuche üblich geworden waren. Es wurde in diesem Bericht außerdem der Geschäftsführer der Steuerberaterkammer F zitiert, wonach es eigentlich selbstverständlich sei, dass Steuerberater bei Bedarf zu ihren Mandanten nach Hause kommen.
Für den Leser des Handzettels erscheint somit der Umstand, dass die Mandanten vom Steuerberater zu Hause aufgesucht werden, daher zwar als eine vom Üblichen abweichende, nicht aber als eine vom Beklagten ausschließlich gebotene Besonderheit. Eine irreführende Alleinstellungswerbung ist nach allem nicht gegeben.
Nach dem gestellten Antrag hatte das LG nicht zu beurteilen, ob sich die Werbung des Beklagten in dem nach § 8 StBerG gezogenen Rahmen gehalten hat, über seine Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich zu unterrichten. Dies schließt reklamehaftes Anpreisen und das Verwenden von Werbemethoden, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft üblich sind, aus. Eine Anlehnung an solche Werbemethoden widerspricht auch heute noch dem Berufsbild der steuerberatenden Berufe. Unter diesem ...