Rz. 5
Für die Beurteilung der Frage, ob eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern vorliegt, bildet der Arbeitnehmerbegriff den zentralen Anknüpfungspunkt für die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit. Arbeitnehmer i.S.d. ArbGG sind nach dessen § 5 Abs. 1 S. 1 Arbeiter und Angestellte sowie die zur Berufsausbildung Beschäftigten. Weil in der Vorschrift nicht näher definiert, ist vom allgemeinen Arbeitnehmerbegriff auszugehen. Arbeitnehmer ist danach, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags in persönlicher Abhängigkeit weisungsgebundene fremdbestimmte Arbeit für einen Dritten, den Arbeitgeber, leistet (BAG v. 22.11.2016 – 9 AZB 41/16; vgl. ausführlich § 16 Rdn 77 ff.).
Arbeitgeber ist demgegenüber, wer zumindest einen Arbeitnehmer beschäftigt (BAG v. 15.3.2011, NZA 2011, 653).
Rz. 6
Zu den Arbeitnehmern i.S.d. ArbGG zählen auch die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Der Auszubildende muss aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages "beschäftigt" werden. Ausschlaggebend für die Stellung als "Beschäftigter" i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG ist weder der Lernort noch die Lehrmethode, sondern der Inhalt des Ausbildungsvertrages (BAG v. 24.2.1999, DB 1999, 1019 = BB 1999, 748). Zu beachten ist, dass bei Ausbildungsstreitigkeiten zunächst eine Verhandlung vor dem Ausschuss der Handwerksinnung oder der sonst nach dem BBiG zuständigen Stelle stattfinden muss, falls ein solcher Ausschuss gebildet worden ist (§ 111 Abs. 2 ArbGG), bevor Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben wird; ansonsten ist sie unzulässig (LAG Rheinland-Pfalz v. 4.8.2011 – 8 Ta 137/11; LAG Nürnberg v. 2.9.2009 – 4 Ta 85/09; LAG Schleswig-Holstein v. 20.1.2009 – 1 Ta 206/08, Ez.B. § 111 ArbGG Nr. 45).
Rz. 7
Darüber hinaus nimmt § 5 ArbGG folgende, für die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit maßgeblichen Abgrenzungen vor:
Rz. 8
Als Arbeitnehmer gelten:
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die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten, § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG, |
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sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind, § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG, was insb. bei sog. freien Mitarbeitern zu prüfen ist und auch auf Franchisenehmer zutreffen kann (vgl. BAG v. 16.7.1997 – 5 AZB 29/96, NZA 1997, 1126 = DB 1997, 1524), |
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Handelsvertreter, die an sich selbstständige Kaufleute sind, nur ausnahmsweise, nämlich dann, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmens festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 EUR aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben, § 5 Abs. 3 ArbGG. |
Rz. 9
Als Arbeitnehmer gelten nicht:
Kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags zur Vertretung einer juristischen Person berufene Personen, § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG. Die Vorschrift enthält eine gesetzliche Fiktion für die gesetzlichen Vertreter von Gesellschaften. Sie bezweckt, dass Personen nicht als Arbeitnehmer gelten, die im Betrieb einer juristischen Person oder Personengesamtheit als Organ oder verfassungsgemäß berufene Vertreter Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen. Sie sind als "arbeitgeberähnliche" Personen anzusehen (BAG v. 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, NZA 2019, 490). Für Streitigkeiten dieser Personen sind die ordentlichen Gerichte zuständig. Das gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer einer GmbH geltend macht, er sei wegen seiner eingeschränkten Kompetenz in Wirklichkeit Arbeitnehmer gewesen (BAG v. 20.8.2003, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 58; BAG v. 6.5.1999 – 5 AZB 22/98, NZA 1999, 839 = DB 1999, 1811; BAG v. 8.11.2006 – 5 AZR 36/06, NZA 2007, 53). Die Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG gilt nämlich unabhängig von der rechtlichen Einordnung des der Organstellung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses als freies Dienstverhältnis oder als Arbeitsverhältnis (BAG v. 3.2.2009 – 5 AZB 100/08, NZA 2009, 669 = DB 2009, 907). Die Fiktionswirkung entfällt aber, wenn ein zum Zeitpunkt der Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht noch nicht abberufener Geschäftsführer vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit abberufen wird (BAG v. 22.10.2014, GmbHR 2015, 27–29). Auch, wenn der Geschäftsführer eines Vereins bzw. eines Verbands abberufen und ihm dies bekannt gegeben worden ist, endet die Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG (BAG v. 8.9.2015 – 9 AZB 21/15, NJW 2015, 3469–3471). Auch der Geschäftsführer einer Vor-GmbH gilt nach § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG nicht als deren Arbeitnehmer (BAG v. 25.6.1997 – 5 AZB 41/96, NZA 1997, 1363). Ein Dienstnehmer, der zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt werden soll, wird nicht dadurch zum Arbeitnehmer, dass die Bestellung zum Geschäftsführer unterbleibt (BAG v. 25.6.1997 – 5 AZB 41/96, NZA 1997, 1363).
In dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags durch einen...