Rz. 62

Will der Arbeitnehmer die von ihm für rechtsunwirksam gehaltene Kündigung mit dem Ziel bekämpfen, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, muss er gem. § 4 S. 1 KSchG auf Feststellung klagen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Streitgegenstand dieser Feststellungsklage nach dem KSchG ist die Frage, ob das Arbeitsverhältnis gerade durch die mit der Klage konkret angegriffene Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin aufgelöst wird. Vor dem Hintergrund dieser punktuellen Streitgegenstandstheorie, von der das BAG in st. Rspr. ausgeht (vgl. BAG v. 12.6.1986 – 2 AZR 426/85, NZA 1987, 273; BAG v. 27.1.1994, AP KSchG 1969 § 3 Nr. 28), könnte der Klageantrag in enger Anlehnung an den Wortlaut des § 4 S. 1 KSchG wie folgt formuliert werden.

 

Rz. 63

Muster 53.2: Antrag im Kündigungsschutzprozess

 

Muster 53.2: Antrag im Kündigungsschutzprozess

_________________________ wird beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom _________________________ nicht aufgelöst ist/wird.

 

Rz. 64

 

Hinweis

Die Aufnahme des Datums des Zugangs der Kündigung in den Antrag ist entbehrlich, weil die Kündigung auch so i.S.d. punktuellen Streitgegenstandslehre hinreichend konkretisiert ist. Etwas anderes kann gelten, wenn mehrere Kündigungen selben Datums an verschiedenen Tagen zugehen und nicht feststeht, dass der Arbeitgeber nur eine Kündigungserklärung abgeben wollte (vgl. BAG v. 6.9.2007 – 2 AZR 264/06).

 

Rz. 65

Im Hinblick auf die in § 4 KSchG angelegte Prüfung, ob das Arbeitsverhältnis gerade durch die mit der Klage angegriffene Kündigung aufgelöst wird, muss jede – weitere – Kündigung gesondert mit einer Klage gem. § 4 KSchG angegriffen werden. Die Gefahr, dass dies übersehen und das Arbeitsverhältnis aufgrund der nicht gesondert bekämpften Kündigung wegen der Fiktionswirkung des § 7 KSchG beendet wird, ist nicht zu unterschätzen.

Die Entscheidung des BAG v. 21.1.1988 (NZA 1988, 651 = BB 1988, 1533) schien einen Weg aufzuzeigen, wie diese Gefahr gebannt werden kann. Das Urteil legte nahe, die Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG mit einer generell auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abzielenden allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO zu verbinden, um auf diese Weise auch noch folgende Kündigungen – etwa "Schriftsatzkündigungen" – in die gerichtliche Überprüfung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses einzubeziehen. Streitgegenstand des allgemeinen Feststellungsantrags ist die Frage, ob das Arbeitsverhältnis bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz hinaus fortbesteht (BAG v. 21.1.1988, NZA 1988, 651). Die Entscheidung wurde so verstanden, dass es bei einer Kombination der Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG mit der auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichteten Feststellungsklage gem. § 256 ZPO zur Abwehr aller noch folgenden Kündigungen genügt, nur die "Erstkündigung" rechtzeitig binnen 3 Wochen nach ihrem Zugang gerichtlich anzugreifen.

 

Rz. 66

Die weitere Rechtsentwicklung hat jedoch gezeigt, dass Vorsicht und Sorgfalt geboten ist. Allein durch den Antragszusatz "… sondern fortbesteht", kann umfassender Schutz nicht erreicht werden, wie bereits den Entscheidungen des BAG v. 27.1.1994 – 2 AZR 484/93, NZA 1994, 812, und BAG v. 16.3.1994 – 8 AZR 97/93, NZA 1994, 860) zu entnehmen ist.

 

Rz. 67

Das vorerst "letzte Wort" zur Kombination von Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG und Feststellungsklage nach § 256 ZPO enthält das Urteil des BAG v. 13.3.1997 (NZA 1997, 844 = DB 1997, 1522; BAG v. 12.5.2005 – 2 AZR 426/04, NZA 2005, 1259 unter Hinweis auf die st. Rspr.). Danach ist für die Praxis Folgendes von Belang:

 

Hinweis

Es empfiehlt sich für Arbeitnehmer und ihre Prozessbevollmächtigten nach wie vor, mit der Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG die allgemeine, auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtete Feststellungsklage nach § 256 ZPO zu verbinden.

Die Verbindung beider Klageanträge sollte auch optisch dokumentieren, dass es um zwei unterschiedliche Streitgegenstände geht, etwa so:

… wird beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom … nicht aufgelöst ist;
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern fortbesteht.

Fügt man dem Kündigungsschutzantrag nach § 4 KSchG lediglich den Satzteil "… sondern fortbesteht" hinzu, könnte dies zu dem Missverständnis Anlass geben, der Satzteil enthalte überhaupt keinen selbstständigen Klageantrag nach § 256 ZPO, sondern umschreibe lediglich die Situation, die nach erfolgreicher Kündigungsschutzklage ohnehin besteht (sog. Wurmfortsatz).

Für die auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhebende Feststellungsklage nach § 256 ZPO muss ein Rechtsschutzinteresse vorhanden sein. In der gerichtlichen Praxis trifft man hier überwiegend auf textbausteinhafte Begründungen, wie etwa die: "Der Kläger befürchtet weitere – insbesonde...

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