Rz. 92

In den meisten Prozessen wird bereits in der Klageschrift formelhaft die "ordnungsgemäße Anhörung" des Betriebsrats "mit Nichtwissen" bestritten. Das ist unter der Voraussetzung des § 138 Abs. 4 ZPO zulässig. Es ist dann Aufgabe des beklagten Arbeitgebers – wenn er sich nicht auf den Vortrag beschränken kann, dass in seinem Betrieb kein Betriebsrat gewählt worden ist – im Einzelnen vorzutragen, in welcher Weise er den Betriebsrat vor Kündigungsausspruch angehört hat. Ein pauschaler Hinweis darauf, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden, reicht zur Erfüllung der dem Arbeitgeber auferlegten Darlegungslast nicht aus. Andererseits dürfen die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers nicht überspannt werden. Der Arbeitgeber muss daher im Prozess nicht von sich aus – gleichsam vorauseilend – sämtliche Schritte des Anhörungsverfahrens im Einzelnen darlegen und möglichen Einwänden mit ausführlichen Gegeneinwänden und entsprechenden Beweisantritten zuvorkommen (BAG v. 6.10.2005 – 2 AZR 316/04, NZA 2006, 990). Ist er seiner Darlegungslast gebührend nachgekommen, muss nun wiederum der Arbeitnehmer, will er an seiner Rüge festhalten, konkret bezeichnen, was er noch an der Anhörung beanstanden möchte, bzw. welche vom Arbeitgeber behaupteten Einzelheiten zum Anhörungsverfahren er mit Nichtwissen bestreiten will (vgl. Bader, NZA 1997, 905, 912). Er hat anzugeben, ob er rügen will, der Betriebsrat sei entgegen der Behauptung des Arbeitgebers überhaupt nicht angehört worden, oder in welchen einzelnen Punkten er die tatsächlichen Erklärungen des Arbeitgebers über die Betriebsratsanhörung für falsch oder die dem Betriebsrat mitgeteilten Tatsachen für unvollständig hält. Dies erfordert ggfs. ergänzenden Sachvortrag des Arbeitgebers. Äußert der Arbeitnehmer sich, nachdem der Arbeitgeber die ordnungsgemäß durchgeführte Betriebsratsanhörung dargelegt hat, dagegen nicht mehr, so ist es nach § 138 Abs. 3 ZPO gerechtfertigt, das Schweigen des Arbeitnehmers so zu werten, dass die ordnungsmäßige Anhörung zugestanden werden soll.

Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit dem Kündigungsschreiben das an den Betriebsrat gerichtete Anhörungsschreiben übersandt, kann er im Prozess davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer über den Inhalt dieses Anhörungsschreibens informiert und aus eigener Wahrnehmung in der Lage ist, sich zu den Einzelheiten der Betriebsratsanhörung zu erklären (BAG v. 23.6.2005 – 2 AZR 193/04, NZA 2005, 1233).

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