Peter Houben, Dr. Stephan Karlsfeld
Rz. 76
Die Auflösungsentscheidung des Arbeitsgerichts ergeht einheitlich mit der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Kündigung. Eine Aufteilung der Entscheidung über eine Kündigung und einen Auflösungsantrag in ein Teilurteil über den Kündigungsschutzantrag und ein Schlussurteil über den Auflösungsantrag verstößt regelmäßig gegen § 301 ZPO und ist unzulässig (BAG v. 12.5.2010 – 2 AZR 587/08 Rn 11, AP Nr. 67 zu § 15 KSchG 1969; BAG v. 4.4.1957 – 2 AZR 456/54, AP Nr. 1 zu § 301 ZPO; LAG Rheinland-Pfalz v. 10.7.1997 – 11 Sa 1144/96, LAGE § 68 ArbGG 1979 Nr. 4; LAG Schleswig-Holstein v. 15.1.2015 – 5 Sa 327/14, juris). Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Sozialwidrigkeit der Kündigung durch rechtskräftiges Teilanerkenntnisurteil festgestellt worden ist, weil sonst der Kläger durch ein verfahrenswidriges, aber gleichwohl rechtskräftig gewordenes Teilanerkenntnisurteil schlechter gestellt würde, als wenn in einem einheitlichen Urteil über die Kündigung aufgrund des Anerkenntnisses und über die Auflösung aufgrund streitiger Verhandlung entschieden worden wäre (BAG v. 29.1.1981 – 2 AZR 1055/78, juris Rn 22, AP Nr. 6 zu § 9 KSchG). Ferner gilt eine Ausnahme, wenn der Auflösungsantrag durch Schlussurteil bereits rechtskräftig abgewiesen worden ist. Denn in diesem Fall besteht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nicht mehr, weshalb der Mangel des Teilurteils als geheilt angesehen werden kann (BAG v. 12.5.2010 – 2 AZR 587/08 Rn 11, a.a.O.; LAG Berlin-Brandenburg v. 14.4.2016 – 21 Sa 139/16, AE 2016, 209).
Umstritten ist, ob das Gericht die Stichhaltigkeit der jeweiligen Begründungen überprüfen muss, wenn sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber beantragen, das Arbeitsverhältnis aufzulösen (vgl. zum Meinungsstreit APS/Biebl, § 9 KSchG Rn 69 ff.). Richtigerweise ist davon auszugehen, dass das Gericht an den übereinstimmenden Auflösungsantrag der Parteien gebunden ist. Es ist angesichts der den Zivilprozess beherrschenden Dispositionsmaxime nicht geboten, die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu verweigern, wenn beide Parteien eine "Konventionalscheidung" wollen (wie hier APS/Biebl, § 9 KSchG Rn 71). Stellen Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen Auflösungsantrag, so löst das Gericht daher das Arbeitsverhältnis ohne Weiteres auf (BAG v. 29.3.1960, AP KSchG 1951 § 7 Nr. 7).
Rz. 77
Folgt das Gericht dem Auflösungsantrag, so hat es das Arbeitsverhältnis zu dem Zeitpunkt aufzulösen, zu dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte, § 9 Abs. 2 KSchG. Gleiches gilt bei festgestelltem Verstoß gegen die guten Sitten. Im Fall einer unbegründeten außerordentlichen Kündigung und der Stellung des Auflösungsantrages sieht § 13 Abs. 1 S. 4 nunmehr vor, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt festgelegt wird, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde.
Das Gericht hat eine "angemessene" Abfindung festzusetzen. Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung. Das Gericht hat sich bei seiner Entscheidung davon leiten zu lassen, dass die Abfindung den Nachteil ausgleichen soll, der dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes entsteht. Dabei ist es an die Höchstbeträge gebunden, wie sie sich aus § 10 KSchG ergeben.
Rz. 78
Streiten die Parteien um die soziale Rechtfertigung der Kündigung, kann der Auflösungsantrag noch bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gestellt werden, § 9 Abs. 1 S. 3 KSchG. Im Fall eines Streites um die Sittenwidrigkeit der Kündigung oder die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung fehlt eine Verweisung auf diese Vorschrift.