a) Schulungsveranstaltungen
Rz. 92
Entsprechend § 37 Abs. 6, 7 i.V.m. Abs. 2 BetrVG sind Betriebsratsmitglieder für die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes freizustellen, sofern die Veranstaltungen Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrates erforderlich sind. Teilweise wird ein Anspruch auf Freistellung eines Betriebsratsmitgliedes zum Besuch einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung im Wege einer einstweiligen Verfügung bejaht (LAG Hessen v. 14.2.2019 – 16 TaBVGa 24/19, juris; LAG Hessen v. 4.11.2013 – 16 TaBVGa 179/13, juris; LAG Hamm v. 23.11.1972 – 8 BV Ta 37/72, DB 1972, 2489 = BB 1972, 1560; ArbG Bamberg v. 5.11.2012 – 2 BVGa 3/12, juris). Antragsberechtigt sind der Betriebsrat sowie das einzelne Betriebsratsmitglied (ErfK/Koch, § 37 BetrVG Rn 25). Diese Auffassung vermag jedoch nicht zu überzeugen. Das Betriebsratsmitglied ist entsprechend der gesetzlichen Regelung befugt, der Arbeit fernzubleiben, ohne dass es hierfür noch einer entsprechenden Freistellungserklärung des Arbeitgebers bedarf (BAG v. 15.3.1995 – 7 AZR 643/94, NZA 1995, 961 = DB 1995, 514). Insofern unterscheidet sich der Anspruch auf Freistellung für Schulungsveranstaltungen vom Anspruch auf Urlaubsgewährung. Folglich fehlt es für eine solche Verfügung, die auf keine Regelung, sondern lediglich auf eine bloße Feststellung gerichtet wäre, am Verfügungsgrund (ebenso LAG Hamm v. 21.5.2008 – 19 TaBVGa 7/08, juris; LAG Köln v. 20.11.2003 – 5 TaBV 69/03, DB 2004, 551 = ZBVR 2004, 101; LAG Düsseldorf v. 6.9.1995 – 12 TaBV 69/95, NZA-RR 1996, 12; a.A. LAG Hessen v. 4.11.2013 – 16 TaBVGa, juris).
b) Zugangsrecht eines Gewerkschaftsbeauftragten
Rz. 93
Gem. § 2 Abs. 2 BetrVG ist Gewerkschaftsbeauftragten nach Unterrichtung des Arbeitgebers Zugang zum Betrieb zu gewähren, soweit dem nicht unumgängliche Notwendigkeiten des Betriebsablaufes, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Betriebsgeheimnissen entgegenstehen. Eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft kann das vom Arbeitgeber bestrittene Zugangsrecht eines Gewerkschaftsbeauftragten im arbeitsrechtlichen Beschlussverfahren verfolgen. Sofern im konkreten Einzelfall die Durchsetzung des Zugangsrechts wegen zu besorgender zeitlicher Überschreitung im Erkenntnisverfahren nicht möglich sein sollte, steht der Gewerkschaft die prozessuale Möglichkeit zu, die Vereitelung ihres Rechts im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verhindern (BAG v. 28.2.2006 – 1 AZR 460/04, juris; LAG Rheinland-Pfalz v. 11.1.2013 – 9 TaBVGa 2/12, juris). Da durch den Erlass einer entsprechenden Duldungsverfügung eine Befriedigungswirkung eintritt, sind an den Verfügungsgrund hohe Anforderungen zu stellen. Verweigert der Arbeitgeber lediglich einem bestimmten Gewerkschaftsmitglied den Zutritt, so dürfte ein Verfügungsgrund abzulehnen sein, da es für die Gewerkschaft grds. zumutbar sein dürfte, einen anderen Vertreter zu entsenden. Dagegen dürfte ein Verfügungsgrund zu bejahen sein, wenn der Arbeitgeber pauschal Gewerkschaftsbeauftragten den Zutritt verweigert (so auch Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz, K Rn 9).
c) Betriebsratswahlverfahren
Rz. 94
Nach § 19 BetrVG kann die Betriebsratswahl angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften verstoßen worden ist. Es besteht Einigkeit darüber, dass es zulässig ist, im Wege der einstweiligen Verfügung in eine laufende Betriebsratswahl einzugreifen (u.a. LAG Düsseldorf v. 25.6.2003 – 12 TaBV 34/03, ArbuR 2004, 78; LAG Bremen v. 26.3.1998 – 1 TaBV 9/98, BB 1998, 1211 = NZA-RR 1998, 401). Eine auf Abbruch einer eingeleiteten Betriebsratswahl gerichtete einstweilige Verfügung ist nach überwiegender Ansicht nur dann zu erlassen, wenn die Nichtigkeit der Wahl droht (BAG v. 27.7.2011 – 7 ABR 61/10, juris; LAG Berlin-Brandenburg v. 14.12.2021 – 21 TaBVGa 1658/21, juris; LAG Düsseldorf v. 2.5.2018 – 12 TaBVGa 3/18, juris; LAG Hessen v. 20.2.2014 – 9 TaBVGa 11/14, juris; LAG Köln v. 29.3.2001 – 5 TaBV 22/01, MDR 2001, 1176 = BB 2001, 1356). Nach a.A. ist die drohende Nichtigkeit nicht erforderlich, es reicht hiernach vielmehr zum Wahlabbruch aus, dass die glaubhaft gemachten Wahlfehler lediglich zur Anfechtung der Wahl berechtigen, jedoch so schwerwiegend sind, dass sie mit Sicherheit einer zu erwartenden Wahlanfechtung zum Erfolg verhelfen (LAG Düsseldorf v. 25.6.2003 – 12 TaBV 34/03, ArbuR 2004, 78; LAG Baden-Württemberg v. 16.9.1996 – 15 TaBV 10/96, NZA-RR 1997, 141). Die herrschende Meinung ist vorzugswürdig. Aus § 19 BetrVG ergibt sich, dass, um eine betriebsratslose Zeit zu vermeiden, Wahlfehler, die zur Anfechtbarkeit, aber nicht zur Nichtigkeit der Wahl führen, zunächst hinzunehmen sind. Hieraus folgt, dass ein Wahlabbruch mittels eines Eilverfahrens nur bei einer drohenden Nichtigkeit der Wahl in Betracht kommt.
Rz. 95
Weniger einschneidend als ein Antrag auf Wahlabbruch ist ein korrigierender Eingriff in das Wahlverfahren. Aufgrund der geringeren Eingriffsintensität lässt die Rspr. hier bereits die Anfechtbarkeit der Wahl ausreichen (LAG Düsseldorf v. 17.5.2002 – 18 TaBV 26/02, juris; LAG Bremen v. 26.3.199...