Rz. 47

Von erheblicher praktischer Bedeutung ist die Gewährung von Urlaub durch einstweilige Verfügung (zum Urlaubsanspruch vgl. § 21 Rdn 1642 ff.). Dem Arbeitnehmer steht kein Recht auf Selbstbeurlaubung zu, insofern ist es dem Arbeitnehmer unbedingt zu empfehlen, bei einer Verweigerung der Urlaubsgewährung durch den Arbeitgeber gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt kann dagegen den Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung, unter Umständen sogar einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigen (BAG v. 20.5.2021 – 2 AZR 457/20, juris; BAG v. 20.1.1994 – 2 AZR 521/93, NZA 1994, 548, DB 1994, 1042).

 

Rz. 48

Hinsichtlich der Antragsformulierung hält das BAG in st. Rspr. einen Antrag auf Urlaubsgewährung für zulässig (BAG v. 16.3.2000 – 2 AZR 75/99, NZA 2000, 1332 = DB 2000, 1524; BAG v. 22.1.1998 – 2 ABR 19/97, NZA 1998, 708 = DB 1998, 1290; BAG v. 18.12.1986 – 8 AZR 502/84, NZA 1987, 379 = DB 1987, 1362).

 

Rz. 49

Die Darlegung des Verfügungsgrundes ist häufig unproblematisch, weil der vom Arbeitnehmer begehrte Urlaub zumeist zeitnah bevorsteht, sodass die Durchführung des Hauptsacheverfahrens nicht mehr möglich ist.

 

Rz. 50

Ein drohendes Erlöschen des Urlaubsanspruches des Arbeitnehmers aufgrund des ablaufenden Kalenderjahres rechtfertigt für sich allein genommen nicht den Erlass einer einstweiligen Verfügung, da an die Stelle des erlöschenden Urlaubsanspruches ein auf Freizeitgewährung gerichteter Schadensersatzanspruch tritt (BAG v. 7.11.1985 – 6 AZR 169/84, NZA 1986, 392 = DB 1986, 973). Der Arbeitnehmer hat vorzutragen, dass für ihn keine andere Möglichkeit besteht, die Festlegung des Urlaubszeitraumes zu erlangen. Hierzu muss er bei Betrieben mit einem Betriebsrat ausführen, dass die Möglichkeit ausscheidet, gem. § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG eine Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubes zu bewirken (GMP/Schleusener, ArbGG, § 62 Rn 102). Schließlich darf der Arbeitnehmer nicht durch eigenes Abwarten die Eilbedürftigkeit geschaffen haben, eine einstweilige Verfügung scheidet demzufolge aus, wenn der Arbeitnehmer seit Längerem eine Reise geplant hat, aber den Urlaubsantrag erst so spät gestellt hat, dass das Hauptsacheverfahren nicht mehr durchgeführt werden kann (Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545, 550).

 

Rz. 51

Ein Verfügungsgrund ist eigentlich auch dann nicht anzunehmen, wenn der Urlaubsantrag des Arbeitnehmers zunächst vom Arbeitgeber positiv beschieden wurde, der Arbeitnehmer daraufhin buchte und nunmehr der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer untersagen will, in Urlaub zu fahren, da betriebliche Interessen dem Urlaubsantritt des Arbeitnehmers entgegenstehen. Ein Widerruf des einmal vom Arbeitgeber gewährten Urlaubes ist nicht zulässig (LAG Hamm v. 11.12.2002 – 18 Sa 1475/02, NZA-RR 2003, 347). Allerdings hat es das BAG in einer Entscheidung v. 20.6.2000 offengelassen, ob der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer bei "unvorhergesehenen und zwingenden Notwendigkeiten, welche einen anderen Ausweg nicht zulassen" verlangen kann, dass dieser seinen Urlaub abbricht (BAG v. 20.6.2000 – 9 AZR 405/99, NZA 2001, 100 = DB 2000, 2327). Aus diesem Grund dürfte es einem Arbeitnehmer nicht zumutbar sein, ohne die Erlangung von Rechtssicherheit infolge des Erlasses einer einstweiligen Verfügung in den Urlaub zu reisen und das Risiko des Ausspruches einer Kündigung durch den Arbeitgeber einzugehen. Insofern ist auch in einem solchen Fall der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zuzulassen (so auch Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz, I Rn 229).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge