Rz. 59
Nach § 8 Abs. 1 i.V.m. Abs. 7 TzBfG kann ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat, verlangen, dass eine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird, wenn der Arbeitgeber unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsausbildung i.d.R. mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Lehnt der Arbeitgeber form- und fristgerecht ab, kann der Arbeitnehmer Klage auf Abgabe einer Willenserklärung gem. § 894 ZPO erheben. Ein derartiges Streitverfahren kann sich über mehrere Instanzen und damit mehrere Jahre hinziehen bis schließlich geklärt ist, ob sich die Arbeitszeit entsprechend dem Wunsch des Arbeitnehmers verringert. Da dem Arbeitnehmer hierdurch (etwa bei notwendiger Kinderbetreuung) irreparable Nachteile drohen können, kann der Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung nach ganz herrschender Meinung im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden (LAG Hamburg v. 4.3.2020 – 5 SaGa 2/19, juris; LAG Berlin-Brandenburg v. 14.3.2012 – 15 GaSa 2286/11, juris; LAG Düsseldorf v. 4.12.2003 – 11 Sa 1507/03, juris; LAG Hamm v. 6.5.2002 – 8 Sa 641/02, NZA-RR 2003, 178 = ArbuR 2003, 155; LAG Rheinland-Pfalz v. 12.4.2002 – 3 Sa 161/02, NZA 2002, 856 = DB 2002, 1723; LAG Berlin v. 20.2.2002 – 4 Sa 2243/01, NZA 2002, 858; a.A. Dütz, AuR 2003, 161).
Rz. 60
Bei der Antragsformulierung stellt sich die gleiche Problematik wie bei dem im Rahmen einer einstweiligen Verfügung geltend gemachten Urlaubsanspruch (vgl. oben Rdn 47), da auch in diesem Fall eine entsprechende Willenserklärung gem. § 894 ZPO erst mit Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung abgegeben wäre. Aus diesem Grund ist der Antrag als Beschäftigungsverfügung zu formulieren, wonach der Arbeitgeber verurteilt wird, den Arbeitnehmer bis zur Entscheidung in der Hauptsache mit einer reduzierten Arbeitszeit zu beschäftigen (ArbG Nürnberg v. 28.11.2003 – 14 Ga 114/03, BB 2004, 560 = FA 2004, 90).
Rz. 61
I.R.d. Verfügungsanspruches hat der Arbeitnehmer insb. die Einhaltung des Prozedere gem. § 8 TzBfG glaubhaft zu machen, dem Arbeitgeber ist die Möglichkeit einzuräumen, die betrieblichen Ablehnungsgründe darzulegen. An den Verfügungsgrund sind hohe Anforderungen zu stellen, weil durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Reduzierung der Arbeitszeit bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache ein endgültiger nicht mehr zu korrigierender Zustand geschaffen wird. Der Verfügungsgrund setzt demzufolge voraus, dass der Erlass der einstweiligen Verfügung zur Abwehr wesentlicher Nachteile erforderlich erscheint (LAG Hamburg v. 4.3.2020 – 5 SaGa 2/19, juris). Dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer ohne die beantragte Arbeitszeitverkürzung nicht in der Lage ist, die Betreuung seiner Kinder zuverlässig zu gewährleisten. Er hat insoweit darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, die Betreuung der Kinder sicherzustellen (LAG Hamburg v. 4.9.2006 – 4 Sa 41/06, NZA-RR 2007, 122; LAG Rheinland-Pfalz v. 12.4.2002 – 3 Sa 161/02, NZA 2002, 856 = DB 2002, 1723; weniger streng hat das LAG Hamm v. 6.5.2002 – 8 Sa 641/02, NZA-RR 2003, 178 = ArbuR 2003, 155 entschieden, dass der Arbeitnehmer nicht auf eine Fremdbetreuung durch eine Kindertagesstätte o.Ä. verwiesen werden müsse, da die Entscheidung, eine Fremdbetreuung zu vermeiden, aus verfassungsrechtlichen Gründen zu akzeptieren sei).
Rz. 62
Streiten die Parteien über die Verteilung der Arbeitszeit, gelten die vorstehenden Ausführungen sinngemäß; der Arbeitnehmer hat dringende Gründe nachzuweisen, weshalb er auf eine bestimmte Arbeitszeitlage angewiesen ist (vgl. ErfK/Preis, § 9a TzBfG Rn 78).