Rz. 8
Gegen Wiederholungstäter wird üblicherweise eine kurzfristige und zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe verhängt (Tabellen siehe § 58 Rdn 21 ff.), obwohl nicht jeder Rückfall eine Freiheitsstrafe nötig macht (OLG Düsseldorf NZV 1997, 46). Eine unter sechs Monaten liegende Freiheitsstrafe ist ohnehin nur im Ausnahmefall zulässig (BayObLG DAR 1992, 184; OLG Düsseldorf NZV 1997, 46), zumal nach § 47 Abs. 1 StGB grundsätzlich der Vorrang der Geldstrafe gilt.
Deshalb ist auch im Falle einschlägiger Vorstrafen vor allem bei der Verhängung von unter sechs Monaten liegenden Freiheitsstrafen zu prüfen, ob eine Freiheitsstrafe tatsächlich unerlässlich ist (BGH StV 1994, 370; OLG Hamm VRS 97, 410). Diese Individualprüfung muss selbst bei mehrfachem Rückfall vorgenommen werden, vor allem dann, wenn längere Intervalle (hier drei Jahre) zwischen den Taten liegen (OLG Schleswig NJW 1982, 1116; BayObLG DAR 1992, 184).
Rz. 9
Sogar im Falle relativ schneller Rückfallgeschwindigkeit ist eine eingehende Würdigung der Täterpersönlichkeit erforderlich. Unerlässlich ist eine Freiheitsstrafe nämlich nur dann, wenn eine andere schuldangemessene Sanktion (wie z.B. eine hohe Geldstrafe) nicht ausreicht und wenn auf eine Freiheitsstrafe nicht verzichtet werden kann (OLG Düsseldorf NZV 1997, 46).
Rz. 10
Achtung: Rückfall in Bewährungszeit
Hat ein Angeklagter noch in der Bewährungszeit eine erneute Alkoholfahrt begangen, kann dies für den Tatrichter einen ausreichenden Grund für eine negative Sozialprognose i.S.d. § 55 Abs. 1 S. 1 StGB darstellen, so dass gar nicht mehr erörtert zu werden braucht, ob die Vollstreckung der ausgesprochenen Gesamtstrafe auch aus dem Gesichtspunkt der Verteidigung der Rechtsordnung geboten gewesen wäre (OLG München DAR 2008, 533).
Rz. 11
Auf die Individualprüfung kann allerdings selbst bei einem wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vielfach vorbestraften Täter, der die abzuurteilende Tat dazu noch während einer laufenden Bewährungszeit begangen hat, nicht verzichtet werden (BGH bei Tolksdorf, DAR 1997, 173; OLG Düsseldorf NZV 2000, 214).
Rz. 12
Achtung: Aufbauseminar
Ein von einem einschlägig vorbestraften Angeklagten absolviertes Aufbauseminar kann ein Absehen von der Verhängung einer Freiheitsstrafe gebieten. Jedenfalls ist das Aufbauseminar nicht nur bei der Maßregel zu berücksichtigen (OLG Saarbrücken NStZ 1994, 192).
Rz. 13
Auch wenn das Gericht eine sechs Monate übersteigende Freiheitsstrafe verhängen will, muss das Urteil eine auf den Einzelfall bezogene, die Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit umfassende Begründung dafür enthalten, warum eine kurzfristige Freiheitsstrafe unerlässlich ist. Formelhafte Wendungen genügen hierzu nicht (OLG Köln NJW 2001, 3491), zumal gem. § 47 Abs. 1 StGB grundsätzlich der Vorrang der Geldstrafe gilt, selbst wenn die Gesamtstrafe deutlich über sechs Monaten liegt (BGHSt 24, 164).