Rz. 89
Regelmäßig wird ein Verfügungsverfahren durch eine Abmahnung eingeleitet, in der dem angeblichen Verletzer sein rechtswidriges Verhalten vor Augen geführt und er gleichzeitig zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung veranlasst werden soll. Dem liegt schon die Forderung des BVerfG nach "Waffengleichheit" zugrunde. Verschiedentlich kann es jedoch vorkommen, dass eine Abmahnung aus taktischen Gründen unterbleibt. So kann eine Angelegenheit bspw. so dringlich sein, dass der Antragsteller eine – wenn auch nur kurz bemessene – Erklärungsfrist des Abgemahnten nicht mehr abwarten möchte. Weiterhin ist der Fall denkbar, dass zwar abgemahnt wurde, aber nicht wegen des Verhaltens, das jetzt im Verfügungsverfahren angegriffen wird, oder aber dass die Abmahnung fehlerhaft war. Schließlich kommt es immer wieder vor, dass gerade "Selbstabmahnungen" des Mandanten nicht die für eine förmliche Abmahnung erforderlichen Formalien enthalten. Im Beispielsfall fehlt es etwa an der Forderung nach einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und der konkreten Androhung gerichtlicher Schritte, so dass der Abgemahnte vor Einleitung gerichtlicher Schritte an sich noch mit einem weiteren Abmahnschreiben rechnen konnte. Hätte aber noch eine (korrekte) Abmahnung erfolgen müssen oder war die dort gesetzte Frist zu kurz bemessen, kann der Antragsgegner die Kostenfolge des § 93 ZPO auch noch im Widerspruchsverfahren herbeiführen. Dieses setzt voraus, dass
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sich der Widerspruch nur gegen die Kostenfolge richtet, Einwendungen gegen die Sachentscheidung also nicht erhoben werden und |
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der Kostenwiderspruch auch alsbald nach der Zustellung der einstweiligen Verfügung eingelegt wird. |
Die Zulässigkeit eines auf die Kosten beschränkten Widerspruchs ist mittlerweile allgemein anerkannt. Der Kostenwiderspruch wird als Anerkennung des Hauptsacheanspruches und damit als Verzicht auf die Rechte nach § 926 ZPO angesehen. Ein weitergehender Verzicht, etwa auf die Rechte aus § 927 ZPO oder auf Erhebung einer negativen Feststellungsklage sollte aber zusätzlich ausgesprochen werden um dem Antragsteller ein Rechtschutzbedürfnis für ein Klagebegehren zu nehmen.
Rz. 90
Verschiedentlich wird anstelle eines Kostenwiderspruchs auch ein Vollwiderspruch zusammen mit einer Unterlassungserklärung abgegeben. In einem solchen Fall wird, wenn die Unterlassungserklärung spätestens im Widerspruchsschriftsatz enthalten ist, die Hauptsache zwangsläufig für erledigt erklärt werden müssen. Im Rahmen des § 91a ZPO wird dann über die Kostenfolge des § 93 ZPO entschieden.
Rz. 91
Davon zu unterscheiden sind jedoch die Fälle, in denen zunächst ein Vollwiderspruch eingelegt wird, der dann im weiteren Verfahren auf die Kosten beschränkt wird. In solchen Fällen ist die Kostenfolge des § 93 ZPO nach h.M. nicht mehr anwendbar, weil kein sofortiges Anerkenntnis abgegeben wurde. Problematisch sind ebenfalls die Fälle, in denen sich der Antragsgegner trotz ausdrücklicher Bezeichnung seines Widerspruchs als "Kostenwiderspruch" materiell-rechtlich gegen die einstweilige Verfügung verteidigt. In solchen Fällen verneint die Rechtsprechung häufig ein sofortiges Anerkenntnis i.S.d. § 93 ZPO. Hingegen ist es dem Antragsgegner nicht verwehrt, vor Einlegung des Kostenwiderspruchs die Berechtigung des Verfügungsantrags zu prüfen und diesbezüglich die Gerichtsakte einzusehen oder um Übersendung der Antragsschrift nebst Anlagen zu bitten.
Rz. 92
Gegen das aufgrund des Kostenwiderspruchs ergehende Urteil ist gemäß § 99 Abs. 2 ZPO analog die sofortige Beschwerde gegeben. Hierbei darf nicht übersehen werden, dass die Beschwerdefrist nur zwei Wochen beträgt.
Rz. 93
Bei Einlegung eines Kostenwiderspruchs muss immer genau geprüft werden, ob ausnahmsweise eine vorherige Abmahnung entbehrlich war. In solchen Fällen trifft den Antragsgegner trotz unterbliebener Abmahnung die Kostentragungspflicht, weil er aus anderen Gründen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat (näher zu der Entbehrlichkeit einer Abmahnung siehe Rdn 13).