Rz. 10
Nicht zwingend, aber häufig anzutreffen ist die Beifügung einer Kostennote in der Abmahnung. Dies stellt eine Haftungsfalle dar. Abmahnkosten waren schon immer nach gefestigter Meinung auf der Grundlage einer Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen und sind auch in § 13 Abs. 3 UWG gesetzlich verankert. Kein Kostenerstattungsanspruch besteht jedoch dann, wenn die Abmahnung ersichtlich zu Unrecht oder rechtsmissbräuchlich erfolgte, bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien oder bei Datenschutzverstößen (§ 13 Abs. 5 UWG). Verlangt der Abmahnende gleichwohl Ersatz seiner Aufwendungen, löst dies einen Gegenanspruch des Abgemahnten auf Ersatz seiner Kosten aus.
Zu beachten ist, dass der Anspruch auf Erstattung der Kosten einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung gemäß § 11 UWG nach sechs Monaten verjährt.
Der Kostenerstattungsanspruch setzt weiterhin eine Abmahnung vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens voraus. Im Anschluss an einige Oberlandesgerichte hat der BGH dies mit dem Argument bestätigt, dass nur die berechtigte, weil zur außergerichtlichen Streitbelegung intendierte Abmahnung einen Erstattungsanspruch nach § 13 UWG begründen soll. Nach der Rechtsprechung des BVerfG entspricht es zudem dem Gebot der "Waffengleichheit", vor Erlass einer Beschlussverfügung den Antragsgegner zu hören; diese Anhörung wird durch die Abmahnung ersetzt, wenn diese dem späteren Verfügungsantrag entspricht.
Weniger erfreulich ist für die Praxis eine weitere Entscheidung des BGH zu Abmahnkosten: die sogenannte "2. Abmahnung" eines Anwaltes, nachdem zuvor mandantenseitig abgemahnt wurde, begründet keinen Kostenerstattungsanspruch. Darauf ist bei der Beratung hinzuweisen, wenn der Mandant die (zweite) anwaltliche Abmahnung als "letzte Eskalationsstufe" vor der Klage möchte. Ebenso wenig gibt es beim sog. "Selbstauftrag" eines Anwalts einen Kostenerstattungsanspruch.
Rz. 11
Fügt man eine Kostennote bei, so muss man vorher einen Streitwert bestimmen. Dies bereitet in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten häufig Schwierigkeiten, weil es sich zwar um vermögensrechtliche Streitigkeiten, aber nicht um Geldforderungen handelt. Eine schematische Bewertung verbietet sich, weil der Einzelfall Berücksichtigung finden muss. Bemessungsgrundlage ist neben dem Umsatz des Verletzten der so genannte "Angriffsfaktor". Maßgeblich ist das Interesse, das der Verletzte an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße hat bzw. haben kann. Dieses Interesse wird durch die Art des Verstoßes, seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit bestimmt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, in welchem räumlichen Umfang und welchem Auffälligkeitsgrad der Verstoß stattgefunden hat. Eine Eigenkontrolle bei der Bewertung des Streitwertes kann dadurch stattfinden, dass man sich überlegt, ob man diesen Streitwert in einem Gebührenprozess auch überzeugend darlegen kann.
Wenn man sich einmal für einen Streitwert entschieden hat, ist weiter problematisch, in welcher Höhe Abmahnkosten zu ersetzen sind. Für aufwendigere Abmahnungen, bei denen ein Wettbewerbsverstoß nicht bereits offensichtlich auf der Hand liegt, tendiert die Praxis zu einer 1,5-Mittelgebühr gemäß den §§ 2, 13, 14 RVG i.V.m. Nr. 2300 RVG-VV, im Übrigen aber zu einer 1,3-Regelgebühr. Im Falle eines gerichtlichen Verfahrens werden die Abmahnkosten teilweise angerechnet (§§ 2, 13 RVG i.V.m. Vorb. 3 Abs. 4 RVG-VV). Damit "verteuert" sich die wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung. Die Abmahnkosten sind nicht Kosten des Rechtsstreits und müssen gegebenenfalls gesondert eingeklagt werden (näher siehe Rdn 161). Zum Entfall eines Kostenerstattungsanspruchs bei missbräuchlicher Abmahnung siehe Rdn 18.