Dr. Olaf Riecke, Jan-Hendrik Schmidt
Rz. 10
Die beschriebenen Beispiele zeigen Grenzen auf, die den Wohnungseigentümern bei der Ausgestaltung des Gemeinschaftsverhältnisses gesetzt sind. Beschluss und auch Vereinbarung helfen hier nicht weiter, da es nicht um die Regelungsbereiche der §§ 10–29 WEG geht, sondern um das sachenrechtliche Grundverhältnis (§§ 1–9 WEG), auf dem das Gemeinschaftsverhältnis aufbaut. Umwandlungen von Gemeinschafts- in Sondereigentum (und umgekehrt) sind einer Vereinbarung i.S.d. § 10 Abs. 1 und 3 WEG nicht zugänglich, da es nicht um den Inhalt des Sondereigentums geht, sondern um den Gegenstand des Sondereigentums. Sachenrechtliche Änderungen erfordern gem. § 4 Abs. 2 WEG die dingliche Einigung der Eigentümer in der für die Auflassung vorgeschriebenen Form und die Eintragung im Grundbuch. Allerdings lassen sich die erwünschten Ziele zum Teil auf anderem Wege als durch Eingriffe in das sachenrechtliche Grundverhältnis lösen. Die Kostenverteilung kann auch ohne Änderung der Miteigentumsanteile gerechter gestaltet werden, indem (nur) der Kostenverteilungsschlüssel unter Abänderung der in § 16 Abs. 2 WEG enthaltenen gesetzlichen Ausgangsregel in einen sachgerechten Verteilerschlüssel (z.B. Wohnfläche oder Einheiten) geändert wird, und zwar entweder durch eine Vereinbarung (§ 10 Abs. 2 und 3 WEG) oder – nach § 16 Abs. 3 WEG a.F. (nur für Betriebs- und Verwaltungskosten; weitergehend jetzt § 16 Abs. 2 S. 2 WEG n.F.) oder wenn in der Gemeinschaftsordnung eine entsprechend weiter gehende Öffnungsklausel vereinbart ist sogar für andere Kosten – durch (einfachen oder qualifizierten) Mehrheitsbeschluss. Die Erhaltungspflicht (früher: Instandhaltungs- und/oder Instandsetzungspflicht) für Teile des Gemeinschaftseigentums kann grundsätzlich ebenfalls auf diese Weise auf die einzelnen Wohnungseigentümer übertragen werden, da die gesetzlichen Grundregeln kein zwingendes Recht darstellen. Erforderlich ist eine klare und eindeutige Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung (GO); andernfalls bleibt es bei der gesetzlichen Regelung.
Rz. 11
Von dem schuldrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander i.S.d. §§ 5 Abs. 4, 10 ff. WEG, welches Schutz-, Treue- und Mitwirkungspflichten begründet und im Einzelfall auch einen subjektiven Anspruch eines Wohnungseigentümers gegen einen oder mehrere seiner Miteigentümer auf Änderung der Gemeinschaftsordnung ergeben kann (§ 10 Abs. 2 S. 3 WEG a.F. = § 10 Abs. 2 WEG n.F.), ist die sachenrechtliche Zuordnung der Grundstücksflächen sowie der Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes i.S.d. § 1 Abs. 5 WEG zu trennen. Für diese dingliche Zuordnung des Eigentums ist der Inhalt der Teilungserklärung im engeren (sachenrechtlichen) Sinne maßgeblich. Das WEG weicht mit den beiden Eigentumsformen des Sonder- und des Miteigentums außer vom Akzessionsgrundsatz (§§ 93 f., 946 BGB) auch von den §§ 1008 ff., 741 ff. BGB ab, indem es real existierendes Alleineigentum (Sondereigentum) mit einem ideellen Miteigentumsbruchteil untrennbar verbindet (§§ 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 WEG). Wegen der Untrennbarkeit darf beim Gründungsakt weder ein "isolierter Miteigentumsanteil" noch ein "isoliertes Sondereigentum" bestehen bleiben. Die Größe der Miteigentumsanteile sollte unter dem Gesichtspunkt der Kostengerechtigkeit den Wohn- und Nutzflächen entsprechen, wenngleich eine gesetzliche Pflicht insoweit nicht besteht. Sondereigentum kann nur an Räumen begründet werden (vgl. § 1 Abs. 1 WEG), wobei markierte Garagenstellplätze schon bisher als Räume gelten (§ 3 Abs. 2 S. 2 WEG a.F.); nunmehr regelt § 3 Abs. 1 S. 2 WEG n.F., dass Stellplätze generell als Räume i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 gelten.
Wesentliche Bestandteile solcher zu Sondereigentum erklärten Räume sind dann hingegen kraft Gesetzes, also nicht durch rechtsgeschäftliche Bestimmung in der Teilungserklärung, ebenfalls Sondereigentum, es sei denn, das Gesetz (nach den zwingenden Vorgaben in § 5 Abs. 1 und 2 WEG) oder die Teilungserklärung erklärt sie nach § 5 Abs. 3 WEG zu gemeinschaftlichem Eigentum (siehe Rdn 13). Grundstücksflächen waren bisher mangels Raumeigenschaft nicht sondereigentumsfähig. An ihnen konnten Sondernutzungsrechte begründet werden, an Räumen aber ebenfalls. Jetzt regelt § 3 Abs. 2 WEG n.F., dass Sondereigentum auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks erstreckt werden kann, es sei denn, die Wohnung oder die nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume bleiben dadurch wirtschaftlich nicht die Hauptsache.
Nach § 3 Abs. 3 WEG n.F. soll Sondereigentum nur eingeräumt werden, wenn die Wohnungen oder sonstigen Räume in sich abgeschlossen sind und Stellplätze sowie außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks durch Maßangaben im Aufteilungsplan bestimmt sind.
Rz. 12
Mischformen beider Eigentumsarten sind in Gestalt des sog. Mitsondereigentums auch vom BGH anerkannt. In der Praxis kommt es hauptsächlich vor bei nicht tragenden Zwischenwänden zwischen zwei Sondereigentumseinheiten so...