Dr. Olaf Riecke, Jan-Hendrik Schmidt
a) Voraussetzungen der Einberufung
Rz. 26
Die Wohnungseigentümerversammlung bzw. die Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit sind das Willensbildungsorgan der Wohnungseigentümergemeinschaft. Wohnungseigentümer ordnen ihre Angelegenheiten untereinander und im Verhältnis zu Dritten kollektiv durch Beschlussfassung (Gesamtakt) oder Vereinbarung (Kollektivvertrag). Beschlüsse sind das Regelungsinstrument vor allem der laufenden Verwaltungsgeschäfte, wie sich daran zeigt, dass die §§ 20 ff. WEG a.F. = §§ 18 ff. WEG n.F. viele Durchbrechungen des im WEG an sich geltenden Einstimmigkeitsprinzips vorsehen und insoweit der Mehrheitsmacht Befugnisse einräumen. Dementsprechend regelt das WEG in den §§ 23–25 WEG ein eigenes Beschlussrecht. Nach § 23 WEG sind Beschlüsse entweder in einer Versammlung (Abs. 1) oder außerhalb einer solchen, dafür aber schriftlich und dann zwingend einstimmig (Abs. 3) zu fassen. Die Versammlung stellt dabei den Regelfall dar. Gem. § 24 Abs. 1 WEG ist die Versammlung der Wohnungseigentümer mindestens einmal im Jahr einzuberufen. Nur so kann es zu den erforderlichen Mindestbeschlüssen über Vorschüsse zur Kostentragung basierend auf einem Wirtschaftsplan (vgl. § 28 Abs. 1 S. 1 WEG) und über Nachschüsse bzw. Guthaben basierend auf einer Jahresabrechnung (vgl. § 28 Abs. 3, 5 WEG a.F. = § 28 Abs. 2 WEG n.F.) kommen, die die finanzielle Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft sichern; denn mit der den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung genehmigenden Beschlussfassung werden Beitragszahlungen überhaupt erst begründet und (frühestens) fällig. Aber auch individuelle Gründe wie im Beispielsfall rechtfertigen Zusammenkünfte der Eigentümer.
Rz. 27
Zur Einberufung verpflichtet ist nach § 24 Abs. 1 WEG (rechtlich) der Verband, handelnd durch den Verwalter. Weitere Einberufungspflichten ergeben sich für ihn aus den §§ 24 Abs. 2 WEG. Genügt nach einer Bestimmung in der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) zur Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung das Verlangen eines einzelnen Wohnungseigentümers, so ist der Verwalter verpflichtet, unverzüglich eine Versammlung einzuberufen. Diese Pflicht entfällt nur dann, wenn das Einberufungsverlangen offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt wurde. Abgesehen davon ist der Verwalter zur Einberufung aber jederzeit auch dann verpflichtet, wenn eine ordnungsmäßige Verwaltung es sachlich geboten erscheinen lässt. Es ist also unzutreffend, wenn Verwalter die Auffassung äußern, nur bei einer Überschreitung der 25 %-Grenze des § 24 Abs. 2 Hs. 2 WEG zur Einladung berechtigt und verpflichtet zu sein. Der Anspruch entfällt, wenn die neue dreiwöchige Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG nicht mehr gewahrt werden kann und auf diese Frist auch nicht ausnahmsweise verzichtet werden kann. Verletzt der Verwalter seine Pflicht zur Einberufung der Versammlung oder zur Aufnahme eines bestimmten TOP in die Einladung/Tagesordnung (siehe Rdn 33), kann er sich schadenersatzpflichtig machen, z.B. für die von ihm verschuldeten Kosten einer weiteren Eigentümerversammlung. Der Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung gem. § 21 Abs. 4 WEG a.F. war ein individueller Anspruch, der von jedem einzelnen Eigentümer ohne Ermächtigung der Gemeinschaft geltend gemacht werden konnte. Jetzt richtet sich ein solcher Anspruch gegen den Verband (vgl. § 18 WEG n.F.). Der Verband – vertreten durch den Verwalter – hat auch ein Einzeleinladungsbegehren zu beachten, sofern sich ein sachlicher Grund zeigt, zu einer (außerordentlichen) Eigentümerversammlung einzuladen und die begehrten Tagesordnungspunkte in die Einladung aufzunehmen. Zur Eigentümerversammlung sind alle teilnahmeberechtigten (d.h. nicht nur die stimmberechtigten) Personen einzuladen. Die unterbliebene Einladung eines Wohnungseigentümers zur Eigentümerversammlung führt regelmäßig nicht zur Nichtigkeit dort gefasster Beschlüsse, sondern nur zur Anfechtbarkeit. Unerheblich ist, ob der im Zeitpunkt der Einberufung wirksam bestellte Verwalter auch im Zeitpunkt der Versammlung noch im Amt ist. Die Versammlung kann stets ohne Verwalter stattfinden. Aus § 24 Abs. 5 WEG, wonach im Zweifel der Verwalter zur Versammlungsleitung berufen ist, folgt nichts anderes. Lädt ein bereits zuvor abberufener Verwalter zu einer Versammlung ein, sind dort gefasste Beschlüsse nicht von vornherein nichtig, aber anfechtbar. Beruft ein Verwalter eine Versammlung ein, dessen Bestellung zur Zeit der Einberufung zwar bereits gerichtlich angefochten war, aber erst aufgrund späterer gerichtlicher Ungültigerklärung endgültig wegfällt, sind gefasste Beschlüsse nicht allein deshalb anfechtbar. Die rückwirkende Ungültigkeit des Bestellungsbeschlusses führt – vgl. § 47 FamFG analog – nicht zum rückwirkenden Verlust der Einberufungsbefugnis. Der von seinem Amt zurückgetretene Verwalter ist nicht mehr berechtigt, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, auf der seine erneute Bestellung beschlossen werden soll. Dies gilt auch dann, wenn eine Mehrheit der Wohnungseigentüm...