Dr. iur. Andrea Wassermeyer, Nicolai Lasaroff
Rz. 81
Die korrekte Berechnung des Monatsentgeltes liegt sowohl im Interesse des Anwaltes als auch seines Mandanten. Bereits bei der Annahme des Mandates zeigt sich häufig, dass Arbeitnehmer – aber ebenso auch Arbeitgeber – keine Vorstellungen darüber haben, welches Bruttomonatsentgelt in dem konkreten Arbeitsverhältnis erzielt wird. Maßgeblich für die Gegenstandswertberechnung ist aber das Bruttomonatsentgelt, da dies vom Arbeitgeber geschuldet wird (GMPM, § 12 ArbGG Rn 104 f.). Das Mandat kann somit erst korrekt bearbeitet werden, wenn diese Frage geklärt ist. Meldet sich der Mandant telefonisch, ist anlässlich der Vereinbarung eines Besprechungstermins darauf zu achten, dass zur Besprechung die aktuelle Gehaltsabrechnung mitgebracht wird, ebenso diejenigen aus dem Dezember des letzten Jahres, da diese den Gesamtjahresbruttoverdienst des Arbeitnehmers ausweist. Es ist dann lediglich noch die Kontrollfrage zu stellen, ob im vorausgegangenen Jahr eine Arbeitsunfähigkeit vorlag von länger als 6 Wochen mit der Folge, dass Krankengeld gezahlt wurde. Schließlich ist zu erfragen, ob in der Zwischenzeit eine Gehaltserhöhung/Tariflohnerhöhung erfolgte. Ausweislich des Streitwertkataloges vom 9.2.2018 wird bei der Berechnung der Vergütung für ein Vierteljahr bzw. der Monatsvergütung das arbeitsleistungsbezogene Arbeitsentgelt des auf den Beendigungstermin folgenden Vierteljahreszeitraums zugrunde gelegt. Jahres- oder sonstige Leistungen werden unabhängig vom Auszahlungszeitpunkt berücksichtigt, wenn sie auch Entgeltcharakter haben. Dabei hat ggfs. eine Hochrechnung eines vereinbarten Nettoverdienstes auf den Bruttobetrag zu erfolgen. Das Monatsentgelt errechnet sich mit einem Drittel des Vierteljahresentgeltes.
Rz. 82
Nach einer Entscheidung des BAG (v. 19.7.1973, EzA § 12 ArbGG Nr. 1) ist maßgebend das Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer beim Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in den ersten 3 Monaten nach dem strittigen Beendigungszeitpunkt beanspruchen könnte.
Rz. 83
Zugrunde zu legen ist der Bruttolohn; haben die Parteien eine Nettolohnvereinbarung getroffen, sind die Bezüge auf Brutto umzurechnen (KR/Friedrich, § 4 KSchG Rn 274, 274a; GMPM, § 12 ArbGG Rn 104 f.; LAG Hessen v. 15.2.2002 – 15 Ta 497/01; LAG Nürnberg v. 15.8.2014 – 4 Ta 103/14, LAG Baden-Württemberg v. 17.3.2016 – 5 Ta 15/16).
Sachbezüge wie Kost, Unterkunft und Deputate sind nach den steuer- und sozialversicherungsrechtlich anzuwendenden Vorschriften zu veranschlagen, i.Ü. ist der übliche Mittelpreis des Verbraucherortes anzusetzen.
Anwesenheits- oder Verkaufsprämien, Nacht-, Schicht-, Gefahr- und Leistungszulagen müssen berücksichtigt werden. Differieren diese von Monat zu Monat, ist der Schnitt der letzten 3 Monate maßgeblich.
Fahrtkostenpauschalen sind zu berücksichtigen, wenn diese auch im Urlaub gezahlt werden (LAG Baden-Württemberg v. 16.8.1984, AuR 1985, 197).
Gleichfalls ist der geldwerte Vorteil für den auch privat genutzten Firmen Pkw zu berücksichtigen (so auch LAG Köln v. 23.2.2010 – 5 Ta 16/10).
Gleiches gilt für sonstigen Aufwendungsersatz, insb. Trennungsentschädigungen (LAG Hessen v. 12.4.1966, AP Nr. 14 zu § 12 ArbGG 1953).
Rz. 84
Umstritten ist, ob Sonderleistungen wie Weihnachts- und Urlaubsgratifikationen zu berücksichtigen sind (abl. LAG Düsseldorf v. 4.4.2014 – 17 Ta 157/14; LAG Köln v. 19.4.1982, EzA § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 12; LAG Saarland v. 3.12.1984, JurBüro 1985, 582; LAG Hessen v. 23.7.2015 – 1 Ta 273/15). Es wird jedoch richtigerweise zu differenzieren sein. Weihnachts- und Urlaubsgratifikationen, die Belohnungscharakter haben, bleiben außer Betracht. Wenn jedoch ein vertraglich oder tarifvertraglich vereinbartes 13. Monatsgehalt geschuldet wird, sollte dies anteilig berücksichtigt werden (LAG Berlin v. 16.10.1985, LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 44; LAG Köln v. 17.11.1995, NZA-RR 1996, 392; LAG Hessen v. 12.8.1999, NZA-RR 1999, 660; abl. LAG Rheinland-Pfalz v. 25.4.1985, NZA 1986, 34). Arbeitsentgelt i.S.d. § 42 Abs. 2 S. 1 GKG sind – unabhängig vom Auszahlungszeitpunkt – nicht nur die monatlich anfallenden Grundvergütungsbestandteile (Gehalt, Zeitlohn, Fixum, Zuschläge, Prämien, Sachbezüge etc.), sondern auch in anderen Zyklen erfolgende Zuwendungen (wie etwa Urlaubsgeld, 13. Gehalt), soweit diese nicht Gratifikations-, sondern Entgeltcharakter haben (so auch LAG Baden-Württemberg v. 1.2.2011 – 5 Ta 189/10).
Rz. 85
Die anteilige Berücksichtigung des vereinbarten 13. und 14. Monatsgehaltes ist grds. möglich, so das LAG Hessen (JurBüro 1986, 756). Nicht zu berücksichtigen sei aber ein 13. Monatsgehalt, wenn diese Sonderzuwendung – auch nur teilweise – Gratifikationscharakter habe (LAG Berlin v. 16.10.1985, LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 44; LAG Nürnberg v. 22.10.1984, ARST 1985 Nr. 1177: für 13. Monatsgehalt und Überstundenpauschalvergütung, die das Bestehen des Arbeitsverhältnisses am 1.12. voraussetzen). Für die Berücksichtigung einer Gratifikation spricht sich aus LAG Düsseldorf (v. 6.10.1997 – 7 Ta 117/...