Rz. 33
Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs durch ein Bundesgesetz gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO setzt ein formelles Gesetz voraus.
1. Widerspruch und Anfechtungsklage im Zusammenhang mit der Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund des Punktsystems
Rz. 34
Die aufschiebende Wirkung ist ausgeschlossen (§ 4 Abs. 9 StVG) bei einem Widerspruch bzw. einer Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG (Erreichen von acht oder mehr Punkten; zu Einzelheiten zum Punktsystem siehe auch § 13 Rdn 1 ff.).
2. Widerspruch und Anfechtungsklage im Zusammenhang mit der Fahrerlaubnis auf Probe
Rz. 35
Die aufschiebende Wirkung fehlt gem. § 2a Abs. 6 StVG ebenfalls bei Widersprüchen/Anfechtungsklagen
3. Einschränkung der aufschiebenden Wirkung durch Landesrecht
Rz. 36
Mit § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Alt. 2 VwGO ist dem Landesgesetzgeber die Befugnis zur Einschränkung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf das Landesrecht gegeben worden. Hierher gehört vor allem der Hinweis darauf, dass nach Landesrecht bestimmt sein kann, dass Rechtsbehelfe gegen Vollstreckungsmaßnahmen keine aufschiebende Wirkung haben.
Rz. 37
Fälle:
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Wurde die FE mit sofort vollziehbarer Anordnung entzogen und wurde der ASt. daneben aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist den Führerschein abzuliefern, so hat z.B. ein Widerspruch gegen die gleichzeitig für den Fall der Nichtablieferung des Führerscheins erfolgte Androhung eines Zwangsgeldes nach saarländischem Landesrecht keine aufschiebende Wirkung. |
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Begegnet eine auf § 46 Abs. 3 FeV und § 11 Abs. 8 S. 1 FeV gestützte Entziehung der FE durchgreifenden rechtlichen Bedenken, so gilt dies auch für die hierauf beruhenden Anordnungen und damit auch für die Androhung der Wegnahme des Führerscheins. Im Hinblick auf die Androhung der Wegnahme des Führerscheins ist dann die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen (§ 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO und § 12 S. 1 BWVwVG). |
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Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Abschleppkostenbescheid, dem eine Ersatzvornahme zugrunde liegt, fallen hierunter allerdings nicht, da es sich hier nicht um eine Vollstreckungsmaßnahme handelt. Sie haben auch dann aufschiebende Wirkung, wenn die Kostenanforderung der Ersatzvornahme vorausgeht. |
4. Fälle des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO: Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung
Rz. 38
In den Fällen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO stellt sich nicht die Frage der Rechtmäßigkeit einer Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehung der FE (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO) und insbesondere nicht die Frage ihrer ausreichenden Begründung gem. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO, da die aufschiebende Wirkung bereits aufgrund des Gesetzes entfällt. Hier ist dann auch kein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, sondern ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu stellen, § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO.
5. Fälle des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 VwGO: grundsätzliche Vollziehbarkeit
Rz. 39
Bei einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 VwGO ist zunächst zu beachten, dass aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidung in diesen Fällen grundsätzlich die Vollziehbarkeit des VA gewollt ist. Es bedarf deshalb des Vorliegens besonderer Umstände, um abweichend von der gesetzgeberischen Entscheidung für eine sofortige Vollziehung des VA dennoch eine Aussetzung zu rechtfertigen.
Rz. 40
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ist anzuordnen, wenn nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Aktenlage der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein wird.
Rz. 41
Fälle
Hat der betroffene Kraftfahrer 8 oder mehr Punkte erreicht, dann gilt er nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG als ungeeignet zum Führen von Kfz. Die Fahrerlaubnisbehörde hat in diesem Fall zwingend die FE zu entziehen (vgl. aber auch § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. w StVG). Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese Entziehungsverfügung haben keine aufschiebende Wirkung (§ 4 Abs. 9 StVG). Zum Ausgleich dazu sieht § 4 Abs. 5 StVG ein abgestuftes Verfahren vor, das bei Eintragung von vier oder fünf Punkten eine schriftliche Ermahnung durch die Fahrerlaubnisbehörde vorsieht (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 StVG). Bei sechs oder sieben Punkten ist der FE-Inhaber schriftlich zu ver...