Rz. 211
Die Zivilprozessordnung sowie alle anderen Verfahrensordnungen setzen die Unparteilichkeit des Gerichts voraus, um den Parteien ein faires Verfahren zu gewähren. Zur Durchsetzung der Unparteilichkeit ist einem Richter gem. § 41 ZPO in den dort aufgeführten Fällen die Befugnis zur Ausübung des Richteramtes entzogen. Darüber hinaus gibt § 42 ZPO den Parteien die Möglichkeit, einen Richter abzulehnen, wenn er von Gesetzes wegen von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen ist oder wenn die Besorgnis der Befangenheit besteht. Die Besorgnis der Befangenheit setzt das Vorliegen von objektiven Gründen voraus, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Nicht erforderlich ist, dass der Richter tatsächlich befangen ist oder er sich für befangen hält. Vielmehr kommt es alleine darauf an, ob aus der Sicht des Ablehnenden genügend objektive Gründe vorliegen, die nach der Meinung einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.
Rz. 212
Neben den Gründen, die zu einer Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes gem. § 41 ZPO führen, haben sich folgende Fallgruppen der Besorgnis der Befangenheit herausgebildet:
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mittelbare Beteiligung des Richters am Rechtsstreit und eigenes Interesse am Prozessausgang, |
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enge persönliche Beziehungen zu einer Partei oder zum Prozessvertreter einer Partei, |
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Interessenwahrnehmung für eine Partei, |
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Vorbefassung mit der Sache sowie |
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Verstöße gegen die Pflicht des Richters zu unvoreingenommener und neutraler Amtsführung, wie z.B. Behinderung der Ausführung der Parteirechte, unsachgemäße Verfahrensleitung o.Ä. |
Nach § 406 ZPO ist die Ablehnung eines Sachverständigen aus denselben Gründen zulässig, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen.
Rz. 213
Gem. § 44 ZPO ist das Ablehnungsgesuch bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Dabei ist der Ablehnungsgrund glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden, jedoch kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden. Eine Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit ist gem. § 43 ZPO ausgeschlossen, wenn sich die Partei in Kenntnis eines Ablehnungsgrundes in die Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Wird ein Richter abgelehnt, bei dem die Partei sich in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, so ist glaubhaft zu machen, dass der Ablehnungsgrund später entstanden oder der Partei erst später bekannt geworden ist.
Gem. § 45 ZPO entscheidet über das Ablehnungsgesuch grds. das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichtes über das Gesuch. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch für begründet hält. Wird dieses Gericht durch das Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlussunfähig, entscheidet das jeweils nächst höhere Gericht.