A. Allgemeines
Rz. 1
Mit Rechtskraft der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis einschließlich evtl. Sonderfahrerlaubnisse nach § 26 FeV (BayObLG NZV 1990, 364). Der Führerschein wird eingezogen (§ 69 S. 2 StGB). Mit dem Urteil ordnet das Gericht zugleich eine Sperre an, vor deren Ablauf die Verwaltungsbehörde keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf. Nach Ablauf der festgesetzten Sperre lebt die Fahrerlaubnis nicht wieder auf, sie muss neu (§ 20 FeV) erworben werden (VGH Mannheim NZV 1992, 87).
Rz. 2
Zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vgl. die Ausführungen unten (siehe § 63 Rdn 1 ff.).
B. Bemessung der Sperre
I. Prognose
Rz. 3
Der Richter muss eine Prognose über die voraussichtliche Dauer der Ungeeignetheit treffen, und zwar nach denselben Kriterien, die bei der Entziehung der Fahrerlaubnis zu beachten sind (BGHSt 15, 393), und seine Entscheidung im Urteil entsprechend (§ 267 Abs. 6 S. 1 StPO) begründen (BGH bei Paul, DAR 2018, 663).
Rz. 4
Maßstab für die Bemessung der Sperre ist allein die voraussichtliche Dauer der Ungeeignetheit des Täters zum Führen eines Kraftfahrzeuges. Aufgrund des Maßregelcharakters der Sperrfrist ist diese individuell und ausschließlich unter spezialpräventiven Gesichtspunkten zu bestimmen. Auf die Schwere der Tatschuld kommt es dagegen nicht an (BGH DAR 2002, 462; zfs 2003, 94; zfs 2003, 95; StV 2004, 132).
Rz. 5
Grundsätzlich sind negative Tatfolgen und wirtschaftliche Gesichtspunkte nur insoweit berücksichtigungsfähig, als sie geeignet sind, eine raschere Beseitigung des Eignungsmangels zu begründen (BayObLG DAR 2002, 392).
Rz. 6
Tipp: Für Durchschnittsfall nur Mindestsperrfrist
Bisher stand dem Erstrichter ein praktisch nicht zu kontrollierender Ermessensspielraum zu. Das OLG Düsseldorf (zfs 1996, 152) lässt für einen Normalfall, der über die Tatsache der absoluten Fahrunsicherheit hinaus keine zusätzlichen negativen Besonderheiten aus der Tat, den Tatumständen und der Person des Täters aufweist, nur die gesetzliche Mindestsperrfrist zu. In der Konsequenz dieser Entscheidung ist der Richter gezwungen, längere Sperrfristen detailliert zu begründen, so dass seine Entscheidung – in Grenzen – für das Revisionsgericht nachprüfbar wird.
Rz. 7
Achtung: Sperre auf Lebenszeit
Eine Entziehung auf Lebenszeit ist nach dem Willen des Gesetzgebers auf die Fälle beschränkt, die unter Berücksichtigung aller für die Fristbestimmung maßgeblichen Gesichtspunkte eine besonders strenge Maßnahme zum Schutz der allgemeinen Verkehrssicherheit erfordern. Eine lebenslange Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis bedarf, wenn nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen, besonderer Begründung zur Rechtfertigung dieser Maßnahme (OLG Köln NJW 2001, 3491).
II. Einzelne Bemessungskriterien
Rz. 8
Bei der Bemessung der Sperrfrist sind, neben der Tat selbst, das bisherige Verkehrsverhalten (BGHSt 29, 59) sowie evtl. Vorstrafen aus dem allgemeinen Strafrecht (BGH DAR 1966, 92) zu würdigen. Auch die Persönlichkeit des Täters hat besonderes Gewicht (OLG Koblenz VRS 71, 431).
Rz. 9
Von erheblichem Gewicht bei der Gesamtbeurteilung sind darüber hinaus verkehrsrechtliche Vorverurteilungen. Hier ist zu beachten, dass nach der seit 1.1.1999 geltenden Neuregelung des § 52 Abs. 2 BZRG jetzt auch bei der Frage der Bemessung der Sperre tilgungsreife Voreintragungen nicht mehr – wie früher z.B. OLG Hamm DAR 1961, 230 oder OLG Frankfurt VM 77, 31 – verwertbar sind. Die sog. (verfassungsrechtlich bedenkliche) "ewige" Verwertbarkeit ist jetzt abgeschafft. Aus dem Grund dürften übrigens jetzt die entsprechenden, von Staatsanwaltschaften und Führerscheinstellen unterhaltenen Karteien ebenfalls nicht mehr zulässig sein.
Rz. 10
Allgemeine Strafzumessungsregeln insbesondere auch generalpräventive Überlegungen spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle (BGH NStZ 1990, 225). Es kommt ausschließlich auf die voraussichtliche Ungeeignetheit des Täters an. Dabei ist die zu treffende Prognose alleine mit einer Gesamtwürdigung aller Umstände, die für oder gegen die fortbestehende Ungeeignetheit des Täters sprechen, zu treffen (BGH zfs 1998, 353; NZV 2003, 46). Wie bei der Strafzumessung selbst dürfen auch hier Umstände, wie z.B. das Fehlen einer Entschuldigung oder eines Bedauerns nicht zum Nachteil des Täters Berücksichtigung finden (BGH zfs 2017, 49).
Rz. 11
Tipp: Gem. § 153a StPO eingestelltes Verfahren
Ein gem. § 153a StPO eingestelltes Verfahren ist im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht berücksichtigungsfähig, da eine solche Einstellung nur eine Art Freikauf vom Verfolgungsrisiko ist und mit der Einstellung die Unschuldsvermutung nach § 6 Abs. 2 MRK nicht widerlegt ist (BVerfG MDR 1991, 891).
III. Folgen der Tat
Rz. 12
Anders als bei der Strafzumessung dürfen bei der Frage der Eignung die Folgen der Tat nicht zum Nachteil des Täters berücksichtigt werden (BGHSt 15, 393; BGH DAR 2002, 462). Die Schwere der den Täter treffenden Folgen, z.B. schwere, andauernde Verletzungsfolgen, kann dagegen bei der Prognose eine Rolle spielen.
IV. Schwere der Schuld
Rz. 13
Die Schwere der Tatschuld selbst ist nur von Bedeutung, sofern sie Hinweise auf die charakterliche Ungeeignetheit d...